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OFF-KINOFilme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Da die jüngste „Wickie“-Realfilmproduktion („Wickie auf großer Fahrt“, R: Christian Ditter) ja vor allem auf viele Abenteuer mit CGI-Tricks setzt und – bei allem kindlichen Charme des Hauptdarstellers Jonas Hämmerle – ein bisschen zu wenig auf die Pfiffigkeit des kleinen Wikinger-Jungen, bietet sich der Vergleich mit dem 1973 produzierten Zeichentrickabenteuer „Wickie und die starken Männer“ (R: Chikao Katsui) an. Damals kannte man die auf den Kinderbüchern von Runer Jonsson basierenden Abenteuer des eher ängstlichen Wickie, der mit seinem etwas großspurigen und begriffsstutzigen Vater Halvar und dessen Mannen auf große Fahrt geht, vornehmlich aus dem Fernsehen – zur Sozialisation westdeutscher Kinder gehörte die japanisch-deutsche Trickserie unbedingt dazu. Der Spielfilm zeigt nun, wie alles begann: Ehe Wickie erlaubt wird, überhaupt auf die Raubzüge der erwachsenen Männer mitzufahren, muss er zunächst einen Wettstreit mit seinem Vater gewinnen. Ohne aufdringlich zu wirken, tritt dabei auch die pädagogische Absicht der Geschichte zutage: Der hilfsbereite und intelligente Junge („Ich hab’s“) kann die Aufgaben, die sich ihm im Rahmen seiner Abenteuer stellen, viel besser bewältigen als Halvar, der im Zweifelsfall lieber irgendwo draufhaut … (27. 10.–2. 11., Acud; „Wickie auf großer Fahrt“ 27. 10.–2. 11. aktuell in diversen Kinos)

Das Bundesplatz-Kino hat mit neuen Betreibern wiedereröffnet, die zusätzlich zum „Arthouse“-Programm interessante neue Programmpunkte wie Vorstellungen mit Schätzen der Deutschen Kinemathek und des Bundesarchivs sowie eine wöchentlichen Reihe zur deutschen Filmgeschichte mit Werken der 1950er Jahre ankündigen. Zu letzteren gehört auch Peter Lorres einzige Regiearbeit „Der Verlorene“ (1951), für die der Schauspieler kurzfristig aus seinem amerikanischen Exil in die junge Bundesrepublik zurückkehrte. In seiner Inszenierung der Geschichte eines verzweifelten Mörders, der nach dem Zweiten Weltkrieg auf einen Erpresser trifft, der seine unfreiwillige Verstrickung in Machenschaften der Nazis kennt, orientierte sich Lorre vornehmlich am amerikanischen Film noir: Die düstere Albtraumwelt mit ihren resignierten Figuren und den mächtigen Schatten der Vergangenheit war der komplette Gegenentwurf zum sonstigen deutschen Kino der Wiederaufbaujahre. (31. 10., Bundesplatz-Kino)

Allemal lustiger geht es da im letzten Film zu, den François Truffaut vor seinem frühen Tod fertigstellte: Rein optisch orientiert sich auch „Vivement Dimanche!“ (1982) mit seiner kontrastreichen Schwarzweißfotografie am amerikanischen Film noir der 1940er Jahre, doch das Drehbuch lässt mit seinen vielen Kapriolen, den witzigen Dialogen und raschen Schauplatzwechseln eher an die britischen Filme des Truffaut-Idols Alfred Hitchcock denken. Der – natürlich unschuldig – Verfolgte (Jean-Louis Trintignant) findet hier bei der Mördersuche in seiner Sekretärin (Fanny Ardant) eine entsprechend tatkräftige Unterstützung. (OmU, 27. 10., Filmmuseum Potsdam) LARS PENNING

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