Wohin, roter Felsen?

Weil immer weniger Besucher kommen, will die Nordseeinsel Helgoland ein neues Tourismuskonzept entwickeln. Das teilte gestern ihr Bürgermeister Frank Botter mit. Die taz macht vier gute Vorschläge

1. Der „zollfreie Einkauf“ soll eine der Stützen des Helgoland-Tourismus bleiben, war gestern von der Insel zu hören. Aber ist das nicht ein bisschen zu bescheiden gedacht? Helgoland, die einzige deutsche Hochseeinsel, hätte das Zeug für ein Mallorca des Nordens. Die Wassertemperaturen dürften nach Auskunft der Klimaforscher sowieso bald Mittelmeer-Werte erreichen. Bezaubernde Strände hat die „Düne“ genannte Nebeninsel zu bieten, inklusiv herumliegender Kegelrobben, die es so auf Mallorca garantiert nicht gibt. Und für den Ballermannfaktor wäre dann wirklich der zollfreie Einkauf zuständig. Statt Sangria trinken die Helgolandurlauber Schnaps aus Fischfässern, dazu wird die deutsche Nationalhymne gesungen.

2. Demografisch betrachtet sind die Urlauber in Zukunft auf jeden Fall eines: älter. Auf diesem Gebiet hat Helgoland eindeutig Nachholbedarf. Um zum echten Seniorenfelsen zu werden, braucht es Vorrichtungen, um den Höhenunterschied zwischen Ober- und Unterland zu überwinden. Zwar gibt es einen Fahrstuhl, der im Felsen hoch- und runterfährt, aber für die künftig zu erwartenden Rentnerscharen ist das zu wenig. Ein erster Schritt könnte die Anschaffung einer Flotte von elektrischen Rollstühlen sein. Der Weg zum Gipfelkreuz auf dem mit 61 Meter höchsten Punkt der Insel müsste neu asphaltiert werden. Und im Leuchtturm wäre künftig an jedem Nachmittag ein Tanztee abzuhalten.

3. Helgoland verliert Besucher, aber es gibt ja auch die Tourismus-Gewinner. Auf Sylt zum Beispiel kann man sich nicht beklagen, es gibt jetzt sogar Billigfluglinien, die dort landen. Was läge da näher, als auf Helgoland eine jährlich wiederkehrende Syltwoche abzuhalten? Die berühmteste Fischbude Deutschlands, Gosch, könnte zu diesem Zweck für einige Tage von der Sylter Nordspitze auf den Helgoländer Felsen umziehen. Und wenn Sylt demnächst völlig abgesoffen ist, kommt das dortige Inselvolk einfach für immer rüber – mitsamt seiner zahlungskräftigen Kundschaft. Die müsste allerdings ihren Kampen-VW, will sagen: Porsche Cayenne, zuhause lassen. Aber was tut man nicht alles für den Klimawandel.

4. Erst im September weihten die Helgoländer ihr Krüss-Museum ein. Der Schriftsteller ist der wahrscheinlich berühmteste Insulaner – gleich nach dem gar nicht hier geborenen Hoffmann von Fallersleben. Und auch wenn er es vorzog, auf Gran Canaria zu leben, müsste sich aus diesem Umstand doch mehr machen lassen als ein kleines Museum. So wie in und um Dublin zum Blooms-Day dem großen James Joyce gehuldigt wird, indem Menschen verkleidet als Figuren aus dessen Roman „Ulysses“ herumlaufen. Auf Helgoland könnten Krüss-Days abgehalten werden: Schon bei der Landung begrüßt einen dann ein bärtiger Seemann mit den Worten: „Gestatten: Johann, Leuchtturmwärter“, und alles ist klar. ALDI, WIE