„Nur frommer Wunsch?“

INTERVIEW Die Geschichte der Reinkarnations-Idee – Wunsch, Irrtum oder Wirklichkeit

■ 51, Pastor in der Christengemeinschaft Bremen.

taz: Reinkarnation als Wunsch – wie sind Sie auf das Thema gekommen?

Dirk-Joachim Paulus: Ein Drittel der Bevölkerung glaubt in irgendeiner Weise daran, obwohl die christlichen Kirchen diesen Glauben untersagen. Vor zwei Jahren ist von dem evangelischen Theologen Helmut Obst ein hervorragendes Buch dazu erschienen.

Ist der Wunsch der Vater des Reinkarnations-Gedankens?

Das ist die Frage: Ist es ein nur frommer Wunsch? An drei Abenden schauen wir uns sämtliche Reinkarnationsvorstellungen der Kulturgeschichte an. Bei allen Urvölkern gab es Reinkarnations-Glauben, auch bei den Griechen und den Germanen. Das Judentum kannte die Reinkarnation, erst mit dem Christentum hörte das auf.

Wurde ersetzt durch den Auferstehungsglauben?

Das ist ein Ersatz, der verschiedene Formen angenommen hat. Aber Auferstehung ist ja eigentlich eher ein Gang ins Nirwana, jedenfalls keine Rückkehr zur Erde. Auch im Christentum gab es immer wieder solche Strömungen. Im Humanismus lebt der Reinkarnationsgedanke auf – bei Lessing, Giordano Bruno, Fichte, Herder, Goethe. Der Anthroposophie wird auch eine wichtige Rolle dabei zugesprochen. Menschen heute erinnern sich genau an Ereignisse aus der Holocaust-Geschichte, die sie selbst nicht erlebt haben können. In der esoterischen Szene heute gibt es sogar Reinkarnationsseminare.

Glauben viele in der Christengemeinschaft daran?

Das fragen wir nicht ab. Es herrscht in der Christengemeinschaft absolute Glaubensfreiheit. Ich vermute, dass ein Großteil der Gemeinde sich aber mit diesem Gedanken beschäftigt. Die Veranstaltung ist aber offen für alle. INTERVIEW: KAWE

20 Uhr Michael-Kirche am Remberti-Kreisel Kleine Meinkenstraße 4