Wieder Gewalt gegen Occupy-Bewegung

USA Lokale Behörden lassen besetzte Plätze räumen oder drohen damit. Im kalifornischen Oakland geht die Polizei dabei brutal vor

„Sicherheits- und Hygienebedingungen“ verlangten Räumung

BÜRGERMEISTERIN VON OAKLAND

VON DOROTHEA HAHN

WASHINGTON taz | Thomas Olsen war zwei Mal als US-Marine im Irak. Aber den Schädelbruch durch einen Einschuss über dem rechten Auge erlitt der 24-Jährige in Oakland, Kalifornien. Am Dienstagabend feuerten Polizisten „Bean-Bags“ – mit Schrot gefüllte Nylonsäcke – und Tränengas in die Menge auf dem Rathausvorplatz. In der Nacht zu Donnerstag befand sich der Kriegsveteran nach Krankenhausangaben immer noch in einem „kritischen Zustand“. Auf dem Platz in Oakland, wo die Polizei am Vorabend das Feuer eröffnet hatte, hielten Olsens FreundInnen eine Mahnwache ab. Am selben Tag eröffnete Oaklands Polizeichef Howard Jordan eine Untersuchung. Zugleich erklärte er, die Demonstranten hätten „mit Farbe und Steinen“ geworfen.

„Treten Sie zurück“, steht jetzt in Einträgen auf der Facebook-Seite von Oaklands Bürgermeisterin Jean Quan. Sie bescheinigt eben dort der „Occupy Wall Street“-Bewegung, dass „viele Oakländer ihre Ziele unterstützen“. Dass jedoch die „Sicherheits- und Hygienebedingungen“ eine Räumung verlangt hätten. Der Platz, so die Bürgermeisterin sei fortan „von 6 Uhr morgens bis 10 Uhr abends für die freie Rede zugänglich“.

Der Polizeieinsatz von Oakland ist eine neue Eskalation im Umgang mit der Occupy-Bewegung. Videos vom Dienstagabend zeigen, wie ein Polizist auch dann noch auf DemonstrantInnen feuert, als sie versuchen, dem schwer verletzten Olsen zu helfen. „Aufstandskontrolle“ lautete die Aufschrift auf einer Patronenhülse auf dem Rathausvorplatz in Oakland. Nach zwei Wochen Besetzung hatten sich die DemonstrantInnen dort auch am Dienstagabend versammelt. Sie trotzten damit einer behördlichen Räumungsanordnung. Auch an anderen Orten in den USA räumte die Polizei besetzte Plätze und nahm zahlreiche Personen fest, so etwa in Atlanta (Georgia) und Albuquerque (New Mexico). In Chicago zielt die Occupy-Bewegung auf den demokratischen Bürgermeister und Ex-Weißes-Haus-Mitarbeiter Rahm Emanuel. Der verbot die nächtliche Nutzung der Parks und ließ mehr als 300 Personen festnehmen. In New York City zogen in der Nacht zu Donnerstag BesetzerInnen der Anti-Wall-Street-Bewegung zum Rathaus, um ihre Solidarität mit der Occupy-Bewegung in Oakland zu zeigen.

Die Räumungsdrohung hängt wie ein Damoklesschwert über den besetzten Plätzen. In Los Angeles erklärte Bürgermeister Antonio Villaraigosa, das Zeltlager könne nicht unbefristet weitergehen. In Providence (Rhode Island) beantragte Bürgermeister Angel Taveras bei Gericht, den Burnside Park zu räumen. Auch in Washington drohen die Behörden den BesetzerInnen der Freedom Plaza mit Räumung, falls sie weiterhin zelten, übernachten und essen. Dies gehöre nicht zur Inanspruchnahme des Verfassungsrechts auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Während Konservative behaupten, die Ziele der Occupy-Bewegung seien „nicht klar“, verstehen die meisten US-AmerikanerInnen genau, worum es geht. 43 Prozent, so eine Umfrage vom Mittwoch, stimmen den Ansichten der Bewegung zu. Auch sie meinen, dass Reichtum in den USA gerechter verteilt werden sollte.