HARALD KELLER DER WOCHENENDKRIMI
: Helden ohne Superkräfte

Wenn an dieser Stelle das Kriminalgenre einmal etwas großzügiger ausgelegt wird, dann in Berufung auf die Begründer der modernen Kriminalgeschichte, die Herren Dostojewski und Poe. Nicht nur machten beide persönlich Bekanntschaft mit gewissen Dämonen, speziell Poe ließ der Fantastik in vielen Geschichten freien Lauf. In seiner Erzählung „Der Doppelmord in der Rue Morgue“ obsiegte demgegenüber ein brillantes Gehirn über das vermeintlich Unerklärliche.

In nicht unverwandter Art bändigen Joss Whedon und seine Koautoren in der Serie „Agents of S.H.I.E.L.D.“ die Fakten- und Materialfülle, die sich aus dem Werk des Comic-Verlags Marvel und den daraus entstandenen Kinoerfolgen ergab. Die Agenten der Strategic Homeland Intervention Enforcement and Logistics Division leben im selben Universum wie der Hulk, Iron Man, Thor, Captain America und andere Superhelden nebst den zugehörigen Schurken. Aber in der wie die Kinofilme von Marvel selbst produzierten TV-Serie haben die Kräfte menschliches Maß. Auch diese Sondereinheit kann fliegen, benötigt dazu aber ein Spezialflugzeug, das mitunter an die Serenity, das Raumschiff aus Joss Whedons Kultserie „Firefly“, erinnert.

Verweise, Bezüge, Ironisierungen gibt es reichlich. Doch auch ohne Spezialwissen lässt sich die Serie als munteres Abenteuergarn genießen. Die S.H.I.E.L.D.-Agenten sind damit betraut, außerirdische oder auch mal urzeitliche Artefakte mit wundersamen Eigenschaften sowie Menschen mit ungewöhnlichen Fähigkeiten aufzuspüren. Dies geschieht mit den Mitteln einer bei der Zukunft borgenden Kriminalistik.

Superheldenradau gibt es kaum, dafür menschliche Regungen, eine Prise Zeitkritik, verschwimmende Grenzen zwischen Gut und Böse, allerlei Rätsel – und den obligatorischen Gastauftritt von Samuel L. Jackson in der Rolle des Nick Fury.

„Marvel’s Agents of S.H.I.E.L.D.“; Sa., 18.30 Uhr, vier Folgen en suite, RTL II