680 Seiten „heavy stuff“

betr.: „Der Schock-Moderator“

Die deutsche Sprache hat zwar ihre Tücken, aber bislang steht das Wort Moderator noch nicht für Streitgespräch. Wahrscheinlich ist mir da eine entsprechende neue taz-Sprachreglung entgangen. Ich habe mich ganz konservativ an den Duden gehalten. Der versteht darunter „mit einleitenden und verbindenden Worten versehen“. Tut mir leid, dass ich die Reporterin so enttäuscht habe. Falsche Veranstaltung besucht.

Apropos Naomi Klein: Es kann ja sein, dass tazler einen Teleprompter brauchen, um sich ihre eigenen Texte wieder ins Gedächtnis zu rufen. Naomi Klein weiß einfach noch, was sie geschrieben hat und – sorry – stottern tut sie auch nicht. Vielleicht erhöht mangelnde Selbstsicherheit ja in Euren Augen die Glaubwürdigkeit. Neu war mir bislang allerdings, dass FAZ und taz inzwischen demselben neoliberalen Gedankengut huldigen beziehungsweise die taz sich von der FAZ die Argumente leiht. Das Pro-Kopf-Einkommen ist eine klassische Durchschnittsfalle. Milliardärseinkommen in Indien und anderswo bringen den Hungernden merkwürdigerweise kein Korn Reis mehr in die Schüssel – außer in der Statistik. Und was hat das mit den Argumenten des Buches zu tun? Da geht es um die Nationen, die eine neoliberale Wirtschaftspolitik eingeführt haben. Kann ja sein, dass die Reporterin sich in Russland besser auskennt: Die Armut ist seit dem kapitalistischen Crashkurs dramatisch gewachsen, wie man ja auch in der taz nachlesen kann. Lesen hilft. Aber 680 Seiten sind wirklich heavy stuff. JOHANNES KAISER, Berlin