Bevormunden statt diskutieren

Das Gespräch mit Berlins Muslimen zu verweigern ist falsch

VON ALKE WIERTH

Etwa acht Prozent der BerlinerInnen sind Muslime – fast ebenso viele wie KatholikInnen. Es gibt über 80 islamische Gebetsräume und Moscheen, Islamunterricht an Schulen und viele unterschiedliche islamische Strömungen und Organisationen. Es gibt Reisebüros für Pilger nach Mekka und Läden für die Ausstattung dazu, es gibt Halalgeschäfte und islamisch orientierte Familienrestaurants ohne Alkohol. Und: Längst sind viele MuslimInnen Deutsche, eingebürgert oder von Geburt.

Ein großer Fehler

Wer leugnen will, dass der Islam zum Hauptstadtleben dazugehört, dass Berlins Muslime längst muslimische BerlinerInnen sind, muss deshalb mit Blind- und Taubheit geschlagen sein. Dass es Ängste vor dem Islam, Vorbehalte gegenüber Muslimen gibt, darf genau deshalb kein Ausgrenzungsgrund sein: Es gehört in den entsprechenden Foren der demokratischen Zivilgesellschaft diskutiert.

Dass der Senat den Dialog mit muslimischen GemeindevertreterInnen neuerdings so konsequent verweigert, ist deshalb ein großer Fehler. Man muss sich nur mit ein, zwei VertreterInnen muslimischer Organisationen in Berlin unterhalten, um zu hören, wie intensiv sich diese etwa mit dem Problem der Radikalisierung junger MuslimInnen beschäftigen – und nach Gegenmaßnahmen und Unterstützung dabei suchen. Wer diese Bemühungen mit Verweis auf den Verfassungsschutz – der gern alle islamischen Vereine unter Verdacht stellen – als unehrlich abqualifiziert, düpiert und entmündigt eine ganze Bevölkerungsgruppe. Das ist Ausgrenzungs- statt Integrationspolitik.