BERLINALE, DIE LETZTE
: Ich war’s

Vom Niesanfall bei der Fassbinder-Doku gar nicht zu reden

Jetzt, wo es vorbei ist, kann ich es ja zugeben: Ich war der Berlinale-Huster. Wenn in der Vorstellung, für die Sie mit viel Mühe Karten ergattert hatten, jemand saß, der Ihnen durch Dauerhusterei den Film versaut hat – das war leider ich.

Ich war nicht der, der bei dem vietnamesischen Film in der ersten Reihe verschämt in sein Tempotaschentuch hüstelte. Ich war auch nicht der, der auf den Stufen des Cinestar 7 saß, um keine Nachbarn durch sein Keuchen zu stören. Wenn Sie sich während der Vorstellung empört umgedreht haben, um zu sehen, wer da nicht aufhören konnte zu bellen, haben Sie in mein rotes Gesicht gesehen. In der Symphonie des Röchelns, die zum Beiprogramm jeder Berlinale-Vorstellung gehört, war ich Solist, Dirigent, Rhythmusgruppe.

Wenn Sie kein Vergnügen an meinen elaborierten Rachenschleimkadenzen hatten, wenn Sie das Tremolo im hinteren Halsbereich nicht zu schätzen wussten oder wenn Sie das meinen ganzen Körper durchzuckende Bellen unerträglich fanden – kann ich verstehen. Es tut mir leid. Von dem Niesanfall während der Fassbinder-Doku gar nicht zu reden. Aber ich wollte einfach wissen, was der Familie in „Iraqi Odyssey“ noch zustoßen würden. Und ich konnte mich leider bei „Niagara“ nicht von Marilyn Monroes Technicolor-Lippenstiftrot trennen.

Zu meiner Entschuldigung führe ich an: Ich habe eine familiäre Disposition zum Husten. Ich bin mit 16 von Mitschülern zum Rauchen verführt worden. Ich war am Mittwoch zu lange bei einer Party in der Volksbühne. Und: Die Berlinale war früher mal im Sommer, als es das Phänomen des Berlinale-Katarrhs sicher nicht gab. Aber vor allem möchte ich dem unbekannten Gönner danken, der mir bei der Vorstellung von „Taxi“ Lakritz zum Lutschen gab, da hörte das Husten einfach mal auf. Das war toll. Leider war die Berlinale danach vorbei. TILMAN BAUMGÄRTEL