Rock nach Post-Rock

ROCK Mogwai sind eine feste Größe in der Welt der lauten Gitarren. Besser als ihre Nachahmer sind sie allemal. Aber ein bisschen zu gemütlich haben sie es sich gemacht

In ihren dramatisch anschwellenden Kompositionen erreichen Mogwai eine geradezu hypnotische Wirkung, die allerdings auch etwas Ermüdendes haben kann

von Andreas Schnell

Man vergisst so leicht. So ist es beinahe erstaunlich, sich heute das 1999 erschienene Mogwai-Album „Come On Die Young“ anzuhören und festzustellen, dass es sich da tatsächlich noch um so etwas wie Post-Rock handelte. Dass hier noch keineswegs auf einer zunehmend redundanten Formel herumgeritten wird. Dass hier angedockt wird an das, was Bands wie Slint oder Bastro in den USA in den 90er Jahren als „letzte große Rockmusik“ (Spex) erfunden hatten.

Heute stehen Mogwai aus Glasgow für ein Prinzip, das sie mehr oder minder stoisch um neue Nuancen erweitern, indem sie mal den Gesang wiederentdecken, mal schwere Synthesizerflächen integrieren, mal für einen Film über Fußball-Gott Zinedine Zidane die Musik schreiben, mal der Band Neu! Reverenz erweisen oder mit Rocky Erickson aufnehmen.

Die allgemeine Wirkung der Mogwai’schen Musik der letzten Jahre indes lässt sich grob auf den Begriff der Überwältigung bringen. In ihren dramatisch anschwellenden Kompositionen erreichen sie vor allem auf der Bühne eine geradezu hypnotische Wirkung, die allerdings in ihrer verhältnismäßigen Gleichförmigkeit durchaus auch etwas Ermüdendes haben kann.

Allerdings täte man den Musikern von Mogwai Unrecht, sie allein auf die regelmäßig erschütternde Wirkung ihrer Band zu reduzieren. Auf dem Label Rock Action Records veröffentlichen Mogwai nicht nur seelenverwandte Bands wie Envy oder Partchimp, sondern auch Platten der japanischen Avantgarde-Rock-Band Afrirampo, des Slint- und Tortoise-Gitarristen David Pajo und von Codeine-Schlagzeuger Chris Brokaw.

Auf T-Shirts und ihrer Website äußerten sie sich zudem regelmäßig dezidiert zu Phänomenen der Pop-Kultur – Das Hemd mit der Aufschrift „Blur Are Shite“ geriet gar zu einem echten kleinen Skandal – und pflegen bis heute ihrer weitgehend wortlosen Musik über Platten- und Songtitel einen lakonischen Resonanzraum zu erbauen. Ihr neuestes Werk heißt etwa „Hardcore Will Never Die, But You Will“, darauf huldigen sie mit „San Pedro“ der legendären SST-Band Minutemen. Auch eine Art, sich von der so falschen wie zählebigen Post-Rock-Zuschreibung zu distanzieren.

Post-Rock, so ließen sie schon vor über zehn Jahren verlauten, sei an und für sich „lächerlich“, weil es impliziere, dass Rock vorbei sei. „Rock Action“ – nicht nur der Name ihres Labels, sondern auch der Titel ihres dritten Albums – ist auch in diesem Sinne zu verstehen, auch wenn es zunächst dem Stooges-Schlagzeuger Scott Asheton huldigt, der von seinem Kollegen Iggy Pop eine Zeitlang so gerufen wurde.

Die Beharrlichkeit, mit der sie ihr Klangkonzept ihrem Publikum um die Ohren hauen, ist insofern auch erhaben über nickelige Kritiken wie die, es stelle sich eine gewisse Materialermüdung ein. Mogwai nehmen ihre Musik ernst, wollen ganz altmodisch, dass möglichst viele Menschen diese Musik hören. Was nicht bedeutet, dass sie sie mögen müssen.

In einem Interview erzählten sie einst von einem Pub, der ihre Musik regelmäßig als Rausschmeiße benutzte. „Ich mag die Tatsache, dass unsere Musik so eine Wirkung haben kann“, kommentierte Mogwai-Bassist Dominic Aitchison.

■ Donnerstag, 20 Uhr, Schlachthof