Gegen die medizinische Ethik

betr.: „Mediziner werden zu Spitzeln der Kassen. Ärztekammer-Chefin kritisiert die neue Meldepflicht bei Behandlung von Schäden nach Piercings und Schönheits-OPs“, taz vom 19. 10. 07

Es ist mir unverständlich, wie Frau Wenker fordern kann, dass mensch die Folgen missglückter Schönheits-OPs aufgrund von „Selbstverschulden“ selber tragen soll. Abgesehen davon, dass die Nachfrage nach Schönheits-OPs in sich ein Symptom für Psychopathologie und daher für sich selber heilungswürdig ist, ließe sich die Liste „selbst verschuldeter“ Behandlungsindikationen nach ihrem geschilderten Verständnis sehr leicht erweitern auf (Extrem-)Sport, Suizidversuche, Selbstverletzungen, Tabakkonsum… etc. Dem entgegen steht die medizinische Ethik, wonach jeder behandlungsbedürftige Mensch eine solche auch bekommt, welche auch Frau Wenker bekannt sein sollte.

Es ist ein Schritt in Richtung Verweigerung medizinischer Leistungen, bestimmte Indikationen aus der Kostenerstattungspflicht der GKV herauszunehmen. Dass es gesellschaftliche Kräfte gibt, die gerade dieses erreichen wollen, sollte nicht überraschen; dass diese auch an der Spitze einer Landesärztekammer angekommen sind, lässt nichts Gutes erahnen. JÜRGEN PIATER, Kassel