HAMBURGER SZENE VON FRIEDERIKE GRÄFF
: Kürbis-Kain

Schwierig zu sagen, was der evangelischen Kirche wichtig ist, der Reformationstag scheint nicht dazuzugehören. Ich schrieb zwei Gemeinden und fragte, ob ich übersehen hätte, wie sie diesen Tag würdigten. Die Pfarrerin schwieg, der Pfarrer schrieb, dass man vor einem Jahr mit viel Erfolg etwas für die Grundschüler organisiert habe, diesmal die Sache aber mangels Echo abgeblasen worden sei.

Ich schrieb zurück, dass ich gar kein Schulkind sei und dennoch interessiert an der Reformation. Ich erhielt keine Antwort und ging ins Café. Ich ging dorthin, weil ich nicht wusste, wie ich den Halloween-Kindern entgegentreten sollte. Es wäre schön, würde man das Ganze nicht als Grusel-Kain und Luther-Abel auffassen und Halloween als neuen Brauch willkommen heißen. Es ist aber so.

Die Bedienung im Café war blond und sehr dünn, sie glich einer attraktiven Giraffe und als die Monster kamen, wies sie darauf hin, dass einmal Nehmen aus der Süßigkeiten-Schale ausreichend sei.

Als die Monster wieder rausliefen, bog gerade ein anderer Zug Kinder um die Ecke. Ein St.-Martin-Umzug. Dabei war eine Gruppe Bläser. Sie spielten nicht: „Sankt Martin ist ein guter Mann“. Sie spielten: „Ein Vogel wollte Hochzeit machen“. Ich fühlte mich sehr alt.