die taz vor zehn jahren über rechtsextremismus in der bundeswehr
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Wiederholte Meldungen gleichen oder ähnlichen Inhalts stumpfen ab und langweilen. Wirkte die erste Nachricht von einer Tat mit rechtsextremistischem Hintergrund bei der Bundeswehr noch elektrisierend, erregte die zweite noch Aufsehen, so löst die dritte oder vierte kaum mehr als Schulterzucken aus. Alles wie gehabt. Ist doch bekannt. So festigen sich Bilder, so festigt sich ein Ruf.

Die Bundeswehr ist stärker als die Streitkräfte der meisten anderen Staaten gesellschaftlicher Kontrolle unterworfen. Auch deshalb galt sie bisher als Armee, die demokratischen Prinzipien einen beim Militär durchaus nicht selbstverständlich hohen Stellenwert beimißt. Ihr Ansehen nimmt schweren Schaden. Es wird nicht mehr lange dauern, bis sich im öffentlichen Bewußtsein als Selbstverständlichkeit verankert hat, daß es rechtsradikale Tendenzen bei der Bundeswehr gibt.

Erst durch ihre Häufung werden die beklagenswerten Taten einzelner zu einem Skandal der Bundeswehr. Mit dem lapidaren Hinweis, eine Wehrpflichtigenarmee sei auch ein Spiegel der Gesamtgesellschaft, wird Verteidigungsminister Rühe sich dieses Mal nicht aus der Affäre ziehen können. An dem jetzt aufgetauchten Gewaltvideo waren nämlich auch Offiziere beteiligt. Die Aufnahmen wurden schon 1994 und 1995 gemacht. Das gewaltverherrlichende Hammelburg-Video war 1996 von Soldaten desselben Bataillons hergestellt worden. Offenkundig hatte sich bei der Einheit diese Form des Freizeitvergnügens fest etabliert. Wenn es in einer Gesellschaft Rechtsextremisten gibt, dann werden die sich auch beim Militär finden lassen. Aber dort sind sie gefährlicher als in jeder anderen Institution. Zum einen, weil in der Bundeswehr junge Männer an der Waffe trainiert werden. Zum anderen aber auch, weil die Geschichte das Ausland gelehrt hat, die deutsche Armee besonders genau zu beobachten. Mißtrauen, einmal geweckt, hält lange. Bettina Gaus taz vom 25. 10. 1997