WAHRE MOMENTE DER GESCHICHTE: IN GUANGZHOU FÄLLT EIN SACK REIS UM

In unserer schnelllebigen Zeit gehen viele historische Momente im Strudel der Ereignisse unter. Deshalb erinnert die Wahrheit in loser Folge an die „wahren Momente der Geschichte“ und greift Ereignisse auf, die sonst flugs unter dem arg unbarmherzigen Historientisch landen – wie der Fakt, dass heute vor genau 401 Jahren, am 19. Februar 1614, ein Sack Reis in China umfiel. Das damals von allen Schreibern der südlichen Provinz Guangdong exakt für die Ewigkeit kalligrafierte Ereignis trug sich demnach auf dem höchst verwuselten Markt der stickigen Hauptstadt Guangzhou zu. Ausgelöst wurde es durch den Latrinenvorarbeiter Dingbang, der mit seinem lausig an einem Bambusholzscheit befestigten Jausebeutel den für diesen Tag letzten Sack Reis des Reisbauern Boseph umstieß. Der mit Jasminbaifan bis an die Kante gefüllte Jutesack purzelte, den Kalligrafien der Schreiber zufolge, so unglücklich von Bosephs Marktkarren herunter, dass er ihn am Hinterkopf traf und böse verletzte. Und die Moral der Geschichte im Lichte der Wahrheit? Auch scheinbar Belangloses kann dolle Aua machen.