„Der Druck ist sofort da“

Ab nächster Woche gibt es Pässe nur gegen Abgabe der Fingerabdrücke. Noch werden diese nicht zentral gespeichert. Doch ob das bei den neuen Personalausweisen auch so sein wird, weiß niemand

Von Christian Jakob

Ins Ausland zu reisen ohne vorher seine Fingerabdrücke abgeben zu müssen – das gehört der Vergangenheit an. Ab der kommenden Woche enthalten alle neu ausgestellten Reisepässe die digitalisierten Abdrücke beider Zeigefinger auf einem berührungslos auslesbaren Funkchip.

Wie der Senat mitteilte, werden ab dem 1. November bei der Passbeantragung von BürgerInnen ab 12 Jahren die Fingerabdrücke mit Scannern eingelesen. Bei Verletzungen an der Hand wird ein vorläufiger Pass ohne Fingerabdrücke ausgestellt. Die Gebühren für den elektronischen Pass betragen weiterhin 59 Euro, alle bisher ausgegebenen Pässe behalten ihre Gültigkeit.

Damit tritt die zweite Stufe der Einführung des so genannten „ePasses“ in Kraft. Schon seit November 2005 wird ein digitales Abbild des Paßfotos auf einem kontaktlosen Chip in der Vorderseite des Passes gespeichert. So können die Passdaten mit Scannern in einer Entfernung von bis zu einem Meter ausgelesen werden, ohne dass der Passinhaber dies bemerkt. Der Senat verwies, ebenso wie zuvor das Bundesinnenministerium, auf „komplizierte technische Sicherheitsmechanismen“, dank derer die RFID genannten Funkchips nur mit „zertifizierten Lesegeräten“ ausgelesen werden können. Dieser Behauptung wird in höchsten Behördenkreisen offenbar wenig Glauben geschenkt. So werden Diplomatenpässe kein Funkchips enthalten – „wegen der besonderen Gefährdungslage“. Und im April erschien der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, bei einer Anhörung im Bundestag mit seinem Reisepass, der in einer speziellen Kunststoffhülle eingewickelt war. Diese verhindert, ebenso wie Alufolie, ein Auslesen des Pass-Chips. „So ist das sicherer“, habe Ziercke die Maßnahme den Abgeordneten erläutert.

Das anschließend vom Bundestag verabschiedete Passgesetz sieht vor, dass die Fingerabdruck-Daten nur bis zum Abschluss der Passerstellung bei der Bundesdruckerei gespeichert werden. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte versuchte durchzusetzen, dass die Fingerabdrücke dauerhaft zentral gespeichert werden. Auf diese Weise hätten die Behörden innerhalb weniger Jahre eine vollständige Datenbank mit den Fingerabdrücken aller BürgerInnen angelegt. Zwar wurde Schäubles Vorstoß vom Bundestag abgelehnt. Doch das letzte Wort ist in der Angelegenheit noch nicht gesprochen. Denn nicht nur die Pässe, auch die Personalausweise sollen künftig die Funkchips mit den Fingerabdrücken enthalten. „Das ist beim Innenministerium in der Mache“, sagt Daniel Meltzian von der Bremer Datenschutzbehörde. Der digitale Ausweis soll laut Meltzian zu einer multifunktionalen „BürgerCard“ aufgewertet werden, die unter anderem der Identifikation bei Behörden dient.

Ob auch das neue Ausweisgesetz, das derzeit vorbereitet wird, eine Löschung der Fingerabdrücke vorsieht, ist völlig offen. Meltzian findet die Tatsache, dass im öffentlichen Raum an immer mehr Stellen Lesegeräte für RFID-Chips aufgestellt werden „sehr bedenklich“. Dass die Polizei künftig die Chips nutzen möchte, um auf Demos alle TeilnehmerInnen schnell und diskret zu erfassen, will er „nicht ausschließen, auch wenn das eher unwahrscheinlich ist.“

Die Aktivisten der Datenschutzinitiative FoeBud sehen die digitalen Kontrollinstrumente mit Sorge. „Die dauerhafte Speicherung der Fingerabdrücke wird kommen,“ sagt FoeBud-Sprecher padeluun. „Bei den Mautdaten war bei der ersten Straftat, die sich dazu anbot, sofort der Druck da, die Daten auch der Polizei zugänglich zu machen. So wird es auch bei den Ausweisdokumenten sein.“