Airbus holt sich Steuern zurück

Trotz positiver Betriebsergebnisse des EADS-Konzerns hat dessen Airbus-Sparte Gewerbesteuer in Millionenhöhe von den Kommunen zurückverlangt. Einige Standort-Gemeinden überwiesen dem Flugzeugbauer mehr als ein Zehntel ihres Etats

Wegen Vertragsstrafen und höherer Entwicklungskosten hat der Superjumbo A 380 Airbus in die roten Zahlen gezogen und dem Mutterkonzern EADS einen Gewinneinbruch beschert. In der Halbjahresbilanz von EADS brach das Konzernergebnis auf nur noch 71 Millionen Euro ein – nach mehr als einer Milliarde Euro im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der Umsatz in den ersten sechs Monaten dieses Jahres sank auf 18,5 Milliarden Euro, nach zuvor 19 Milliarden. Für das Gesamtjahr 2007 rechnet EADS nach eigenen Angaben mit einem Umsatz, der „nur um einen Wert im niedrigen einstelligen Prozentbereich“ fällt. Das Konzernergebnis (Ebit) werde bei rund 400 Millionen Euro gegenüber 2006 stabil bleiben, sagt EADS. Im Jahr 2005 allerdings wies die Bilanz an gleicher Stelle noch 2,852 Milliarden Euro aus. Allein 2,3 Milliarden davon entfielen auf Airbus, die im folgenden Jahr 572 Millionen Euro Verlust zur Bilanz beigetragen haben. TAZ

VON CHRISTIAN JAKOB

Die Krise bei dem Flugzeugbauer Airbus hat die kommunalen Haushalte an den norddeutschen Standorten in arge Mitleidenschaft gezogen. Die niedersächsische Gemeinde Nordenham musste in den vergangenen Monaten 9,8 Millionen Euro an den Flugzeugbauer zurückzahlen, das nahegelege Varel gut fünf Millionen. In beiden Fällen machen die Rückzahlungen über ein Zehntel des jährlichen Haushaltsvolumens aus.

Verzögerungen bei der Fertigung des Großraumflugzeugs A 380 haben den deutsch-französischen Flugzeugbauer in den letzten zwei Jahren in Schwierigkeiten gebracht. Zwar verzeichnet Airbus 2006 nach vier Gewinn-Jahren erstmalig Verluste von 572 Millionen Euro, dennoch ist das Betriebsergebnis des gesamten EADS-Konzerns weiter positiv (siehe Kasten). Die Rückforderungen basieren allein auf den Verlusten der Zivilflugzeug-Sparte.

Der Sprecher der Hamburger Airbus-Niederlassung Tore Prang vergleicht die Rück-Transfers mit dem Lohnsteuerjahresausgleich von Privatpersonen. „Die Höhe der Gewerbesteuer wird vorab berechnet und dann auch im Voraus bezahlt. Nun war es leider so, dass unser Betriebsergebnis in den letzten Jahren nicht so besonders war. Deshalb mussten wir von den lokalen Behörden das Geld zurückfordern“, sagt Prang.

In der Wesermarsch-Gemeinde Nordenham ist Airbus mit Abstand der größte Arbeitgeber, das dortige Werk beschäftigt rund 2.300 MitarbeiterInnen. Die Verwaltung der 30.000-Seelen Gemeinde gibt in diesem Jahr etwa 82 Millionen Euro aus. „Wir mussten enorm sparen. Das hat in einigen Bereichen sehr weh getan“, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Uwe Thöle gegenüber Radio Bremen. Die Stadt habe die Ausgaben für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und Wirtschaftsförderung erheblich kürzen müssen. Die geplante Sanierung des Bahnhofs und des Hallenbades Nord sowie eine Beteiligung an der Wesermarsch-Klinik seien gestrichen worden. Weitere 2,5 Millionen Euro seien über kurzfristige Kredite gedeckt worden und belasten nun den Haushalt im kommenden Jahr. Derzeit werde an einem Konsolidierungskonzept gearbeitet, bei dem vor allem die freiwilligen Leistungen der Stadt in den Bereichen Sport, Kultur, Freizeit und Wirtschaft auf dem Prüfstand stehen.

Im Airbus-Werk Varel arbeiten zwar nur knapp halb so viele Beschäftigte wie in Nordenham, doch die Rückforderungen der Zahlungen des Konzerns für die Jahre 2005 und 2006 haben Varel derart belastet, dass Bürgermeister Gerd-Christian Wagner (SPD) am Freitag eine Haushaltssperre erlassen musste. Insgesamt mehr als fünf Millionen Euro hat Airbus für die beiden Jahre zurückverlangt. Der Haushalt der Stadt hat ein Volumen von etwa 39 Millionen Euro.

Auch in den Standorten Stade und Buxtehude dürften einige Euro an Airbus zurückgeflossen sein. Mit Verweis auf das Steuergeheimnis mochten die Stadtkämmerer der beiden Gemeinden zwar keine Angaben zu konkreten Unternehmen machen. „Die skalpieren mich sonst“, sagte ein Verwaltungsbeamter. Die Städte räumten jedoch ein, dass im laufenden Haushaltsjahr erhebliche Summen an Gewerbesteuer an verschiedene Unternehmen zurückgezahlt worden seien. Im Fall von Stade handele es sich um 15 Millionen, Buxtehude muss knapp drei Millionen Euro abschreiben. In beiden Städten zählt Airbus zu den größten Arbeitgebern.

Die Finanzbehörden der beiden größten Airbus-Standorte Hamburg und Bremen verweigern mit Blick auf das Steuergeheimnis jeden Kommentar in der Angelegenheit.

Etwas weniger zugeknöpft gibt man sich im baden-württembergischen Laupheim. „Das ist uns auch passiert“, sagt Robert Duelli, Stadtkämmerer des einzigen süddeutschen Airbus-Standortes. Die genaue Höhe der Rückforderung mochte auch Duelli nicht nennen.

Lediglich der Standort Lemwerder ist nach Auskunft von Bürgermeister Hans-Joachim Beckmann (SPD) ungeschoren davongekommen. Weil das dortige Werk mittlerweile der Rüstungssparte EADS Military angehört, seien an die Lemwerder keine Rückzahlungsforderungen gestellt worden, sagt Beckmann.