Rot-Grün ist der Wählerauftrag

HAMBURG-WAHL Einstimmig beschließt die Grünen-Basis, mit der SPD über eine Koalition zu verhandeln

So viel Eierkuchen-Stimmung war schon seit Jahren nicht mehr auf einer Landesmitgliederversammlung der Hamburger Grünen. Und als die gut 200 Anwesenden einstimmig beschlossen, mit der SPD über eine rot-grüne Koalition zu verhandeln, bejubelten sie sich voller Selbstzufriedenheit. „Wir haben die Wahl gewonnen, also lasst uns verhandeln“, hatte Parteichefin und Spitzenkandidatin Katharina Fegebank zuvor erklärt. Die Basis sah’s auch so.

Am Sonntag hatten die Grünen mit 12,3 Prozent und 15 Mandaten das viertbeste Ergebnis ihrer gut 30-jährigen Geschichte erzielt, die SPD hatte mit 45,7 Prozent und 28 Mandaten nur knapp die erneute absolute Mehrheit verfehlt. Somit hätten die Grünen „unsere Wahlziele erreicht“, verkündete Fegebank. Das eigene Ergebnis wurde gegenüber 2011 um 1,1 Prozent gesteigert und die SPD-Mehrheit gebrochen. „Rot-Grün ist der Wählerauftrag“, verwies sie auf Umfragen, nach denen eine Koalition aus SPD und Grünen die mit Abstand beliebteste ist.

Fraktionschef Jens Kerstan kündigte an, mit einem zehnköpfigen Team und selbstbewusst in die Verhandlungen zu gehen, die in der nächsten Woche beginnen sollen. Dabei wollten sie bei grünen Kernthemen Akzente setzen: „Die SPD wird lernen müssen, dass sie ihre Politik nicht mehr eins zu eins so weitermachen kann.“

Änderungen müssten erreicht werden, definierte das Spitzenduo grüne Essentials, im Sinne humanerer Flüchtlingspolitik, einer echten Verkehrswende, der Wiederentdeckung von Umwelt- und Klimaschutz, mehr Bürgerrechten sowie im Sozialen und in der Bildung: Vom „Aufbruch in ein modernes Hamburg“ sprach Fegebank.

Misstöne in der zweistündigen harmonischen Aussprache ertönten einzig wegen der Abgeordneten Nebahat Güçlü. Zwei Rednerinnen kritisierten die 49-Jährige für ihren Wahlkampfauftritt vor einer rechtsnationalistischen türkischen Organisation. Offen ist, ob Güçlü nächste Woche aus der Fraktion ausgeschlossen wird, ein Parteiausschlussverfahren gegen sie läuft bereits. SVEN-MICHAEL VEIT