Pulk ist schön

40.000 Besucher sind am Sonnabend zum „Tag der Kunstmeile“ erschienen. Ob die aber wegen der Kunst oder wegen der parallel bis 24 Uhr geöffneten Läden kamen, wird erst die Auswertung der Besucherbefragung erweisen

Dass es die Nacht der winterzeitbedingten „geschenkten Stunde“ war, mag geholfen haben. Ob aber die Läden in Spitaler- und Mönckebergstraße mehr umgesetzt haben – bloß, weil sie am Tag der Kunstmeile am Sonnabend von zehn bis 24 Uhr geöffnet hatten und überdies die Kunstinstitutionen ins Boot geholt hatten, war gestern Abend noch offen.

„Über eventuelle künftige Kooperationen mit den Geschäftsleuten werden wir nach Auswertung der Besucherbefragung vom Sonnabend entscheiden“, hatte Christine Maiwald, Marketing-Leiterin des Museums für Kunst und Gewerbe, sowohl vor als auch unmittelbar nach dem 14-Stunden-Parcours orakelt. Außerdem hatte sie am Sonnabendabend gesagt, man habe ein wunderbares Publikum gehabt, das sich „intensiv mit unserem Programm auseinandergesetzt“ habe. Ob die Leute aber über die theoretische Auseinandersetzung hinaus auch tatsächlich erschienen waren, blieb offen. Und gar so viel Reflexion erfordert die Lektüre eines schlichten Programmhefts ja nicht.

Doch wie dem auch sei: Stolz verwies das Kunstmeilen-Marketing auf 12.000 verkaufte Eintrittskarten und 40.000 gezählte Besucher. Ob das mehr waren als im Jahr zuvor, vermeldete man vorsichtshalber nicht; absolute, vergleichs- und bezugsfreie Zahlen wirken ja stets recht eindrucksvoll.

Und die Geschäftsleute? Gaben sich recht glücklich: Viele Kunden hätten die Möglichkeit genutzt, „auch nach 20 Uhr einkaufen zu können“, war da zu hören. Ob sie Teures eingekauft hatten, erfuhr man nicht. Auch nicht, warum jetzt exakt jene Geschäftsleute lange Öffnungszeiten promoten, die bis dato stets von unrentablen Verkaufsabenden gesprochen hatten, weiß derzeit niemand. Die Menschen hätten nicht mehr Geld in der Tasche, sie gäben es bloß zu einem anderen Zeitpunkt aus, war da oft zu hören gewesen.

Doch jetzt war wohl alles anders; vielleicht hat man schon an Vorweihnachtsverkäufe gedacht. Und ob die Kunst letztlich dem Kommerz diente oder der Kommerz der Kunst: Es wird sich auch anhand dieser – für Hamburg neuen – Kooperation nicht klären lassen. Denn wenn es hart auf hart kommt, wird man einfach sagen, man könne nicht Äpfel und Birnen vergleichen, sprich: nicht messen können, ob irgendwer nur deshalb ein paarmal mehr auf die Gemälde Schmidt-Rottluffs geschaut hat, weil er zuvor im Schuhladen war.

Dabei ist eins natürlich sicher: Im Pulk nächtens durch Museen und Läden zu ziehen ist schon deshalb so schön, weil es ein so angenehm pubertäres Wir-sind-die-Welt-Gefühl erzeugt. PS