tropen zu klett-cotta
: Schluss mit unabhängig

Noch vor wenigen Tagen war in dieser Zeitung vom Tropen Verlag als einem der wichtigsten Independent-Verlage die Rede. Im Januar wird der Tropen Verlag nun ein Imprint des Hauses Klett-Cotta. Michael Zöllner und Tom Kraushaar, Ersterer Gründer des Tropen Verlags, der Zweite seit zweieinhalb Jahren sein gleichberechtigter Partner – werden Minderheitsgesellschafter bei Klett-Cotta und zugleich die verlegerische Geschäftsführung übernehmen.

Sie haben ihren Verlag also nicht etwa verkauft, sondern mit einem Großen der Branche verschweißt. Eine mutige Entscheidung, müssen die beiden Kleinverleger doch nun lernen, mit einer großen Struktur umzugehen, wobei nur Kraushaar nach einer Ausbildung bei Suhrkamp und einem Job als Assistent von Rowohlt-Verleger Alexander Fest in einem großen Verlag Erfahrungen sammeln konnte.

Auch für die Klett AG ist es riskant. Kraushaar und Zöllner sind nicht gerade als Biedermänner bekannt und wechseln in einen eher behäbigen Verlag, mit – Cotta! – beinahe 350-jähriger Tradition.

Bei näherer Betrachtung ist die Fusion für beide Seiten jedoch günstig. Zöllner und Kraushaar bringen Autoren wie Jonathan Lethem mit, ein großer und vielgelobter Autor, dessen Bücher ein Kleinverlag jedoch nicht in solchen Mengen verkaufen kann wie ein größerer, vom Bezahlen sehr hoher Druckrechnungen mal ganz zu schweigen. Und die beiden wollten sich auch nie mit einem Kleinverlegerdasein bescheiden.

Die Klett AG hingegen kann, da der Konzern vor allem vom Schulbuchgeschäft lebt, ein paar verlustreichere Monate locker auffangen, wenn die Gesamtlinie passt. Für ein langfristig geplantes Programm eine wichtige Voraussetzung. Zudem gelten Kraushaar und Zöllner als Kenner der internationalen Literatur, und, wichtiger noch, sie lieben, was sie verlegen. Insofern ist es folgerichtig, dass sie ankündigen, einen genauen Blick auf die bisherigen Publikationen des Verlages werfen zu wollen, unter denen sich neben Werken von Ernst Jünger, Benn oder Tolkien und Brigitte Kronauer auch einige wie von Anthony Burgess, Angela Carter und Konrad Bayer finden lassen, die zu Unrecht vergessen sind. Und über das Geld und die Presseabteilung, die es braucht, um junge Autorinnen und Autoren aufbauen zu können, verfügen sie nun ebenfalls.

JÖRG SUNDERMEIER