Der Poser

Küchenpsychologisch liegt der Fall auf der Hand: Da kann jemand nicht los lassen. Sieht nicht ein, dass sich die Welt auch ohne ihn weiterdreht. Hat furchtbar Angst vor dem Morgen, an dem kein Telefon klingelt und die Seiten im Terminkalender weiß sind.

Nach Kräften hinaus schiebt diesen Tag des leeren Terminkalenders die hannoversche Rockband Scorpions um den 63-jährigen Sänger Klaus Meine: Ihre Abschiedstournee begann 2010, dauern soll sie nun bis Anfang 2013. Weil aber selbst das treueste Publikum nicht drei Jahre lang Abschied nehmen kann, haben die Scorpion nun eine neue Platte veröffentlicht: Auf „Comeblack“ gibt es neue Aufnahmen von alten Scorpions-Hits wie „Wind of Change“ und „Rock You Like a Hurricane“ – neben Coverversionen von 60er-Jahre-Songs.

„Comeblack“ ist also reine Nostalgie. Der Albumtitel ist ironisch gemeint und bedeutet, dass die Scorpions öfter über ein Comeback nachgedacht haben, es aber lieber bei der Frage nach der adäquaten Kleiderfarbe beließen. „Als Rockband ist man ja, was das Outfit betrifft, sowieso immer auf der Suche nach dem schwärzesten Schwarz des Tages“, sagt Klaus Meine.

Was „man“ so tut als Rockband, weiß Meine seit der Bandgründung im Jahr 1965: Der gebürtige Hannoveraner war nie etwas anderes als ein Rockstar-Darsteller. Das machte ihn weltweit anschlussfähig: Meine geht es ausschließlich um Show, und deren Bestandteile sind ebenso leicht zu verstehen wie die Sache mit dem Kürbis an Halloween.

Dabei ist das Repertoire, das die Band zu Weltstars machte, sehr überschaubar: Neben „Wind of Change“ gibt es noch drei bis vier überregional bekannte Songs – das war’s. Den Rest ihrer Konzerte müssen die Scorpions mit dem Material ihrer alten Platten überbrücken. Meine wirbelt dann zu schwergängigen Hardrocksongs den Mikroständer durch die Luft. Gekommen sind die Leute nicht wegen des alten Gitarrenbreis. Aber Klaus Meine weiß: Die Pose ist die halbe Miete. KLI