Glatter Durchmarsch der First Lady

Noch klarer als erwartet gewinnt Cristina Fernández de Kirchner die argentinischen Präsidentschaftswahlen gleich in der ersten Runde und folgt ihrem Mann im Amt nach. Auch im Parlament können Kirchners Peronisten ihre Mehrheiten ausbauen

AUS BUENOS AIRES JÜRGEN VOGT

Argentinien bleibt in der Familie. Cristina Fernández de Kirchner ist erwartungsgemäß im ersten Wahlgang zur neuen Präsidentin gewählt worden. Am Sonntag erhielt die Ehefrau des amtierenden Präsidenten Néstor Kirchner und Kandidatin der peronistischen Regierungspartei 44 Prozent der Stimmen. Abgeschlagen auf Platz zwei landete die Mitte-links-Kandidatin Elisa Carrió mit knapp 22 Prozent. Lediglich auf Platz drei kam der frühere Wirtschaftsminister Roberto Lavagna mit gut 18 Prozent. So das Ergebnis nach der Auszählung von knapp 70 Prozent der Stimmbezirke.

„Wir haben deutlich gewonnen“, sagte Cristina Kirchner bei ihrem ersten Auftritt nach der Wahl im Beisein ihres Mannes, des scheidenden Präsidenten Néstor Kirchner. Mit ihrem Stimmenanteil von über 40 Prozent und einem Abstand von 10 Prozent zur Zweitplatzierten muss die 54-Jährige nicht in die Stichwahl. Elisa Carrió hatte ihre Niederlage erst spät in der Nacht zum Montag eingeräumt. Lange hatte sie darauf gehofft, Cristina Kirchner würde noch unter die 40-Prozent-Marke rutschen.

Cristina Kirchner war als klare Favoritin ins Rennen gegangen. Sie ist die erste gewählte Präsidentin Argentiniens und weltweit die erste Frau, die ihrem Mann durch demokratische Wahlen im Amt nachfolgt. Die erste Frau im argentinischen Präsidentenamt ist sie nicht: Nach dem Tod von Juan Domingo Perón 1974 war seine Witwe Isabel als Staatschefin vereidigt worden. Zwei Jahre später wurde sie vom Militär gestürzt.

Carrió liegt vor allem in den großen Städten mit ihrer Konkurrentin gleichauf. In der Hauptstadt liegt sie mit rund 37 Prozent sogar weit vor der zukünftigen Präsidentin. Cristina Kirchner kam hier lediglich auf gut 24 Prozent. Dagegen erreichte Carrió in der wichtigsten und bevölkerungsreichsten Provinz Buenos Aires lediglich 26 Prozent, während Cristina Kirchner auf über 46 Prozent der Stimmen kam. In der Provinz leben rund 35 Prozent der Wahlberechtigten.

Landesweit waren 27 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. In dem südamerikanischen Land herrscht Wahlpflicht. Die Opposition beklagte jedoch zahlreiche Unregelmäßigkeiten während des Urnenganges. So hatten viele Wahllokale verspätet geöffnet, und in einigen Wahllokalen fehlten die Stimmzettel für die Kandidaten der Opposition. Wegen der langen Wartezeiten wurde in der Hauptstadt Buenos Aires kurzfristig die Öffnungszeit der Wahllokale um eine Stunde verlängert. In der Provinz Buenos Aires hatten einige Wahllokale noch nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen geöffnet.

Cristina Kirchner hat bereits vor der Wahl angekündigt, die erfolgreiche Politik ihres Mannes fortsetzen zu wollen. In Argentinien wächst die Wirtschaft seit Kirchners Amtsantritt im Mai 2003 regelmäßig um rund 9 Prozent. Die Arbeitslosenquote sank nach offiziellen Angaben in den vergangenen vier Jahren von 25 Prozent auf knapp unter 9 Prozent. Der Anteil der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze ging von rund 45 Prozent auf knapp ein Viertel zurück.

Wenn die 54-jährige Politikerin am 10. Dezember das Amt von ihrem Ehemann übernimmt, erwartet sie jedoch nicht nur ein positives Erbe. Das Wirtschaftswachstum hat sich in den letzten Monaten erkennbar verlangsamt. Argentinien leidet unter einem strukturellen Energiemangel. Die steigende Inflation wird seit Monaten vom staatlichen Statistikamt nach unten manipuliert. Die öffentlichen Tarife für den Nahverkehr, Strom, Gas und Wasser werden seit 2003 durch immer höhere Subventionen niedrig gehalten.

Wie alle zwei Jahre stimmte die Bevölkerung auch über die Hälfte der Abgeordneten und ein Drittel der Senatoren ab. Nach dem vorläufigen Ergebnis konnten Kirchners Peronisten 13 der 24 neu gewählten Senatssitze gewinnen und damit auf 45 der 72 Sitze ihre Mehrheit ausbauen. Im Abgeordnetenhaus werden sie voraussichtlich mit 140 Stimmen über eine klare Mehrheit der derzeit 257 Abgeordneten verfügen.

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