Journalist doch im Visier der Polizei

PRESSEFREIHEIT Polizeidirektion Göttingen korrigiert nach Medienberichten ihre Angaben: Auch sie interessierte sich für den Radioredakteur. Verfassungsschutz überwacht ihn schon seit Jahren

„Niemand weiß, ob die Polizei wirklich die Wahrheit sagt“

Rechtsanwalt Sven Adam

Also doch: Der über Jahre vom Verfassungsschutz überwachte Göttinger Journalist Kai Budler war entgegen ersten Darstellungen auch im Visier der örtlichen Polizei. In einem Schreiben an den Anwalt des 43-jährigen Redakteurs räumt der Göttinger Polizeivizepräsident Roger Fladung ein, über Budler seien „zwei Datensätze, sog. Allgemeine Staatsschutzereignisse“ aus den Jahren 2001 und 2003 gespeichert gewesen.

Auf das ursprüngliche Auskunftsersuchen des Journalisten hatte die Göttinger Polizei zunächst erklärt, „keine Daten festgestellt“ zu haben. Nach Presseberichten sah sich die Polizeidirektion Fladung zufolge veranlasst, den behördlichen Datenschutzbeauftragten noch einmal suchen zu lassen. Nach Angaben des Polizeiführers sind die beiden aufgefundenen Datensätze zwischenzeitlich gelöscht worden. Was sie konkret beinhalteten, teilte er nicht mit.

Budlers Anwalt Sven Adam wirft der Polizei „rechtswidriges Verhalten“ vor. Der im Niedersächsischen Datenschutzgesetz verbriefte Informationsanspruch habe bei einer solchen Vorgehensweise keinerlei Wert mehr: „Niemand weiß, ob die Polizei auf ein Auskunftsersuchen wirklich die Wahrheit sagt oder gesagt hat“, so Adam.

Die niedersächsische Verfassungsschutzbehörde hatte zuvor mitgeteilt, dass sie seit 1997 „Erkenntnisse“ über Budler sammelt. Dazu zählt auch das Beschäftigungsverhältnis des Journalisten – der 43-Jährige ist seit etwa zehn Jahren fest angestellter Redakteur des Göttinger Lokalradios. Die Anwesenheit bei Demonstrationen – als Journalist, wie der Betroffene betont – registrierte der Verfassungsschutz demnach ebenfalls.

Die Grünen machen die Observierung des Journalisten durch den Verfassungsschutz zum Thema im Landtag. In einer Anfrage will die Partei unter anderem in Erfahrung bringen, ob die Landesregierung die Beobachtung des Hörfunk-Redakteurs für angemessen hält. REIMAR PAUL