Der Größere setzt sich durch

Auf dem alten Radio Bremen-Gelände darf jetzt ein Möbelgigant bauen. Die Umlandgemeinden scheiterten gestern vor dem Oberverwaltungsgericht mit ihrer Klage gegen Bremens Pläne

von Jan Zier

Bremen darf an seiner Landesgrenze einen seit langem umstrittenen Möbelmarkt ansiedeln. Das entschied gestern das Oberverwaltungsgericht Bremen. Es geht dabei um das ehemalige Radio Bremen-Gelände in Osterholz, wo ein Investor auf insgesamt 45.000 Quadratmetern Geschäfte ansiedeln will, vor allem einen riesigen Möbelhändler. Die Stadt Achim und der Landkreis Verden konnten vor Gericht nicht verhindern, dass Bremen auf ihre Kosten in Osterholz ein groß dimensioniertes Einzelhandelsprojekt ansiedelt. Das letzte Urteil ist damit zwar noch nicht gesprochen. Die Nachbargemeinden haben angekündigt, vor das Bundesverwaltungsgericht zu ziehen. Dennoch darf jetzt an der Hans-Bredow-Straße gebaut werden.

Im niedersächsischen Umland hält man die Bremer Planungen für „rücksichtslos“ und „unzumutbar“. Ein neuer Möbelmarkt von allein 35.000 Quadratmetern sei „existenzvernichtend“ für wenigstens zwei ortsansässige Konkurrenten, sagt Achim, mit Umsatzeinbußen von bis zu 25 Prozent sei da zu rechnen. Hinzu sollen weitere fast 10.000 Quadratmeter Verkaufsfläche in Osterholz kommen, die für Teppichhändler, Bettwaren, Lampenläden und Elektroartikel reserviert sind – und weitere kleine EinzelhändlerInnen vor Ort bedrohen könnten. Schließlich hat ganz Achim nicht so viel Verkaufsfläche, wie auf dem Radio Bremen-Gelände allein dem so genannten „Randsortiment“ des Möbelgeschäfts gewidmet sind. „Da sind weitere Marktaustritte vorprogrammiert“, sagt Rechtsanwältin Uta Rüping, die Vertreterin Achims. Pleiten also.Und die Stadt könne ihre Aufgabe als „Mittelzentrum“ nicht mehr wahrnehmen.

In Bremen allerdings – das über gar keinen eigenen Möbelhandel dieser Größe verfügt – erachtet man die Auswirkungen des neuen Einrichtungsgiganten auf Achims Einzelhandel als „irrelevant“, zum Teil „unter der Nachweisgrenze“ von 100.000 Euro Umsatzverlust im Jahr liegend. Und kann sich dabei auch auf einschlägige Studien stützen. Angesichts des „großen Streufaktors“ solcher Möbelhäuser seien allenfalls kleinere Betriebe betroffen, sagt Bremens Gutachter, der Umsatzeinbußen im Umland auf maximal zehn Prozent beziffert. Für den dortigen Mittelstand sie das zwar „zu bedauern“, aber eben der „Marktentwicklung“ geschuldet – und deshalb nicht zu ändern. „Es gibt wenig greifbare Auswirkungen“, sagt auch Oberverwaltungsrichter Matthias Stauch.

Ähnliches gelte für den zusätzlich anfallenden Verkehr an der Landesgrenze, sagt ein weiterer Gutachter Bremens. Und überzeugte damit das Oberverwaltungsgericht. Die Rede ist von einer Zunahme im Bereich von wenigen Prozent, nicht einmal hundert Fahrzeuge in vier Stunden. „Der Verkehr in Uphusen steht jetzt schon still“, sagen die VertreterInnen aus Achim.

Sie wollen erreichen, das zumindest das „Randsortiment“ des Möbelhandels von rund 20 auf maximal zehn Prozent eingeschränkt wird, so wie das auch in anderen Bundesländern festgeschrieben ist. Doch Kurt Krieger, der Investor, mag sich darauf keinesfalls einlassen. „Wir haben nur die Wahl, so groß zu bauen oder aber es ganz sein zu lassen“, sagte er am Rande des Prozesses. Sonst drohe ihm eine „Investitionsruine“, so Krieger. Er verweist auf fünf ähnliche, derzeit laufende Vorhaben in der Republik. Und die bewegten sich alle in der gleichen Größenordnung wie das seinige.