Spiel mir den Lars von Trier

Heute beginnen die Nordischen Filmtage Lübeck – das damit für fünf Tage seine Bevölkerungszahl fast verdoppeln dürfte. Die Stars sind eher nicht Hollywood-kompatibel, aber zum Anfassen. Und die Regisseure gehören zu den kreativsten, die das Kino hat

Bei den Wahlen zur „Europäischen Kulturhauptstadt 2010“ ist Lübeck sang- und klanglos untergegangen, trotz – oder wegen? – Holstentor, Günter Grass und Thomas Mann. Ein Ereignis gibt es aber, da ist Lübeck kulturell wirklich ganz weit vorn dabei: Bei den „Nordischen Filmtagen“ dürfte sich die Bevölkerung der Stadt für fünf Tage fast verdoppeln, und durch die backsteinernen Gassen ziehen Filmvertreter und -fans aus Norddeutschland, Skandinavien und dem Baltikum. Das sind die Länder, die hauptsächlich bei den Filmtagen vertreten sind.

Anders als in Cannes oder auf der Berlinale erwarten die angereisten Stars höchst selten kreischende Fanclubs und Sicherheitsabschirmungen. Das dürfte nicht zuletzt daran liegen, wer die Stars bei den Lübecker Filmtagen sind. Der populärste Gast dieses Jahr ist der dänische Schauspieler Morten Grunwald. Das ist der, der den „Benny“ in der Olsen-Bande spielte. In Lübeck ist er in dem Drama „Weiße Nacht“ zu sehen.

Immerhin: noch vor dem Start in den deutschen Kinos läuft Lars von Triers Komödie „The Boss of it All“, wobei der titelgebende Boss fiktiv ist und durch einen Schauspieler ersetzt werden muss. Der Wettbewerb zeigt die neuen Filme von Regisseuren wie Petter Næss, der in Deutschland mit seinem Außenseiterfilm „Elling“ über ein sehr ungleiches Männerpaar aus der offenen Psychiatrie bekannt wurde. Roy Andersson, der Regisseur des genialen Episodenfilms „Songs from the Second Floor“, dringt mit „You, the Living“ in das Innere einer schwedischen Kleinstadt vor.

Bereits die ersten Nordischen Filmtage 1956 hatten ein gutes Gespür für Talente, indem sie drei Filme von Ingmar Bergmann zeigten – der zugegebenermaßen im selben Jahr bereits beim Filmfestival in Cannes Furore gemacht hatte. Zu Ehren des im Juli gestorbenen Meisters läuft in Lübeck „Das Lächeln einer Sommernacht“, der Film aus dem Jahr 1955, mit dem Bergmann seinen Durchbruch hatte.

Welche von den 120 Filmen, die bis Sonntag im Kino Stadthalle gezeigt werden, die Meisterfilme der Zukunft werden, weiß man dann vielleicht bei den 100. Nordischen Filmtagen im Jahr 2058. IMKE STAATS

Eröffnung: Mittwoch, 19 Uhr, NDR-Landesfunkhaus mit „Gekrallt“ von Petter Næss. Lars von Triers Komödie „The Boss of it All“ läuft Mittwoch, 19.45 Uhr, sowie Freitag, 23 Uhr.