Fast ein Kettensägenmassaker

Weil es in Bremerhaven in den letzten Jahren an Halloween recht wild zuging, schickt die Polizei Sonderstreifen los, andere Städte in Norddeutschland sehen das Fest eher gelassen

VON FELIX ZIMMERMANN

Vergangenes Jahr um diese Zeit in Bremerhaven. Die Stadt ist kurz davor, ein Kettensägenmassaker zu erleben, jedenfalls sieht es so aus. Ein junger Mann zieht durch die Dunkelheit des Wohnviertels Kleiner Blink, er ist maskiert und lässt immer wieder seine Motorsäge aufheulen, die – wie sich später herausstellen wird – auch Urwaldriesen den Garaus machen könnte. Er scheint wild entschlossen zu sein, verbreitet Angst und Schrecken, bis jemand die Polizei ruft.

Dann wird klar: Der Maskierte ist gar nicht so böse, hat auch gar kein Sägeblatt eingesetzt, will nur spielen, will nur Bonbons. Es ist der 31. Oktober, seit einigen Jahren bekannt als Halloween.

Das aus den USA importierte Fest hat nicht nur zur Kommerzialisierung des Kürbisses beigetragen, sondern treibt Kinder und Jugendliche auf die Straßen: Verkleidet ziehen sie durch die abendliche Dunkelheit, klingeln an Häusern und rufen: „Süßes oder Saures“ – wer daraufhin keine Süßigkeiten verteilt, muss mit einem Streich rechnen.

Der 18-jährige Säger war dabei wohl etwas übermotiviert vorgegangen. Die Säge wurde einkassiert, „um dem Schrecken ein Ende zu setzen“, so steht es im Polizeibericht.

Es könnte also ungemütlich werden, doch diesmal ist man auf der Hut. Die Bremerhavener Polizeibehörde hat für den heutigen Abend Sonderstreifen angekündigt, „um übermütigen Geistern Einhalt zu gebieten“. Wolfgang Harlos von der Pressestelle sagt, neben dem normalen Wachdienst würden „mehrere Beamte in zivil und uniformiert“ eingesetzt, um speziell die zumeist in Gruppen auftretenden Halloweenisten zu beobachten.

Dass es dabei nicht nur lausbubenhaft zugeht, wird immer wieder berichtet. Die konfiszierte Kettensäge war im vergangenen Jahr der krasseste Fall, gängig sind rohe Eier, die an Hausfassaden geschmissen werden, Ketchup-Graffiti, umgeworfene Mülleimer, herausgerissene Blumen; Harlos berichtet, in Bremerhaven hätten die Leute zum Teil Angst vor dem Fest, auch „weil die Älteren rein gar nichts damit anfangen können“. Für die ist das der Reformationstag, und da mit Eiern beworfen zu werden, gehört nicht zur gebräuchlichen Feierkultur dieses Tages. „Manch einer von denen kann auch nicht mal eben auf die Leiter steigen, um Ketchup- und Ei-Flecken zu beseitigen.“

Harlos will kein Spielverderber sein. Wer Halloween feiern möchte, soll es tun, „aber wir wollen erreichen, dass da keine Straftaten verübt werden“. Die Kinder sollten wissen, dass sie nur da klingeln, wo „leuchtende Kürbisse oder ähnliche Halloween-Dekorationen zum Besuch einladen“. Er rät Eltern, die Kinder „direkt oder auf Abstand“ zu begleiten, und deren Taschen zu kontrollieren. Er weiß von Halloweenisten, die sich regelrecht mit Eiern bewaffnet hätten. Eltern müsse klar sein, dass sie haftbar gemacht werden können oder der Schaden, den ihre Kinder verursacht haben, auf sie zurückfalle.

Bremerhaven scheint, was die Halloween-Feierei angeht, besonders rau zu sein. In anderen Städten Norddeutschlands sieht die Polizei das Fest eher gelassen. Keine Sonderstreifen, eher die Gewissheit, mit Eier werfenden Kindern und Ketchup schmierenden Jugendlichen auch so fertig zu werden. Auch wenn einer mit der Säge kommt.