ämter- und kreisreform
: Das Rathaus in weiter Ferne

Die Wege werden weiter: Wenn in Schleswig-Holstein Ämter und möglicherweise auch Kreise verschmelzen, gibt es weniger Anlaufstellen für Behördengänge. Gerade auf dem platten Land heißt das: Das Rathaus liegt in weiter Ferne.

KOMMENTAR VON ESTHER GEISSLINGER

Aber: Ist das schlimm? Eigentlich nein, denn wie viel Verwaltung braucht der Mensch schon? Gefühlt: wenig. Für einen neuen Pass reicht es, alle zehn Jahre im Amt vorbeizuschauen, Strafzettel werden eh per Überweisung bezahlt, die Lohnsteuerkarte kommt per Post. Und sogar im Land hinter den Deichen haben die Menschen das Internet entdeckt und wissen, wie sich eine Behörde erreichen lässt.

Dennoch: Werden vertraute Grenzen verschoben, tut das offenbar weh, als ginge ein Stück Identität verloren. Entsprechend groß sind die Widerstände gegen Veränderungen in Schleswig-Holstein. Neben emotionalen spielen sachliche Gründe eine Rolle: Wird ein Kreis zu groß, ist er für die kommunale Selbstverwaltung unregierbar. Das hat das Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern entschieden und eine Reform gekippt.

Trotzdem: Neue Strukturen müssen sein. Und neue Identitäten können wachsen. So fördert die EU immer öfter Regionen, die nicht einmal benachbart sein müssen, sondern nur ähnliche Probleme haben. Die Kirche darf dabei gern im Dorf bleiben – das Rathaus muss es nicht.