die taz vor 18 jahren über die beziehung der bundesdeutschen linken zur pkk
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Seit einer Woche wird im Düsseldorfer Oberlandesgericht im „größten Terrorismusprozeß der Bundesrepublik“ (Kurt Rebmann) verhandelt. Angeklagt sind 18 kurdische Männer und Frauen, eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben, die unter anderem Morde in der Bundesrepublik und im Libanon begangen haben soll.

Auf den ersten Blick weckt das Verfahren eine Reihe von Assoziationen zu Stammheim. Die Übereinstimmung der Diktion des türkischen Regimes und der Bundesanwaltschaft ist augenfällig, und die skandalöse Durchführung des Prozesses tut ein übriges, um der PKK ihre Argumentation zu erleichtern: Die BRD macht sich zur Speerspitze des Nato-Imperialismus, um dem kurdischen Befreiungskampf in den Rücken zu fallen. Warum gibt es in der bundesdeutschen Linken keine breite Solidaritätskampagne mit den kurdischen „Befreiungskämpfern“? Der wesentliche Grund ist, daß die Politik der PKK bislang nicht dazu angetan war, internationalistische Identifikationen in der Hoffnung auf eine gesellschaftliche Utopie zu fördern. Anders als im Verhältnis zu mittelamerikanischen Befreiungsbewegungen, gab es in der Bundesrepublik konkrete Erfahrungen im Umgang mit der PKK. Wer einmal mit Vertretern der PKK in einem Komitee zur Vorbereitung einer Demonstration war, erlebt hat, mit welchem apodiktischen Führungsanspruch die „Avantgarde des kurdischen Volkes“ (so PKK-Chef Abdullah Öcalan) auftritt, verzichtet in aller Regel auf einen zweiten Versuch. Zudem wird in Düsseldorf über fünf ermordete Kurden verhandelt, die entweder aus der PKK ausgestiegen waren oder anderen kurdischen Organisationen angehörten. Für die bundesdeutsche Linke kann es deshalb nicht nur darum gehen, den Rebmannschen Repressionsapparat anzuklagen. Eine Befreiungsbewegung, die hierzulande Solidarität einklagt, muß sich auch der Kritik an ihren Methoden stellen. Dazu aber war die PKK nie bereit. Jürgen Gottschlich, taz 31. 10. 1989