Die Wiederkehr der Kogge

HAVARIST Die Kogge soll künftig am Tiefer statt an der Schlachte einen festen Liegeplatz bekommen. Doch auch ohne Aussicht auf Ausfahrt muss die „Roland von Bremen“ zunächst wieder schwimmen lernen

■ 1380 versank eine noch unfertige Bremer Hansekogge in der Weser, unweit der heutigen „Waterfront“. Vermutlich hatte sie sich bei einer Sturmflut von ihrem Bauplatz auf dem Teerhof losgerissen.

■ 634 Jahre später folgte ihr Nachbau dem historischen Vorbild, sank allerdings schon direkt am Liegeplatz an der Schlachte.

■ Nach wie vor seetüchtig sind hingegen die Koggen-Nachbauten, die in Kiel und Bremerhaven ihre Heimathäfen haben.  (HB)

Zu Ostern soll die Kogge wieder im Wasser liegen. Allerdings nicht, wie bisher verbreitet, am alten Liegeplatz an der Schlachte, sondern am Tiefer: Das vor einem Jahr havarierte hanseatische Wahrzeichen wird Teil des „Geschichtenhauses“ im Schnoor – beziehungsweise dessen Verlängerung ins Wasser.

Bis dahin muss allerdings noch viel passieren. Der Nachbau der historischen Hansekogge, dessen Absaufen sowohl mit einem nicht gewarteten See-Ventil als auch einem zwischen Polizei und Feuerwehr nicht ausreichend koordinierten Rettungseinsatz zusammenhing, befindet sich in einem desolaten Zustand. Das Schiff steht aufgebockt am Hohentorshafen, die Innenräume sind bereits durchgeregnet.

„Das sieht wild aus“, sagt Uwe Mühlmeyer, der die Reaktivierung der Kogge für den gemeinnützigen Beschäftigungsträger „bras“ koordiniert. 20.000 Euro seien allein für die Beseitigung des Pilz- und Schwammbefalls erforderlich, die Planken wölbten sich stellenweise acht Zentimeter aus dem Deck. 45.000 Euro kostet dessen Sanierung, insgesamt sind es 120.000 Euro, die Mühlmeyer inklusive der Wiedereinsetzung der Kogge ins Wasser veranschlagt. Die sollen durch eine Spendenkampagne zusammenkommen.

„Wir beteiligen uns lediglich an den späteren Betriebskosten“, sagt der Sprecher des Wirtschafts- und Arbeitsressorts auf Nachfrage. Gedacht sind an Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF), die das Ressort vermitteln könne.

Der wichtigste Finanzierungsfaktor aber ist das Jobcenter: Mühlmeyer hofft, dass es die Kosten von 35 Plätzen für Langzeitarbeitslose übernimmt – das wären 14.000 Euro monatlich. Der schlechte Zustand der Kogge – deren Bau in Vegesack auch schon eine Beschäftigungsmaßnahme darstellte – verhelfe zu reichlich Arbeit, erklärt Mühlmeyer: „An der kann man jahrelang herumwerkeln.“ Um sie wieder schwimmfähig zu machen, müssen laut Mühlmeyer nur 35.000 Euro aufgewendet werden.

Ist das geschehen, soll die Kogge entkernt werden: Die Maschine fliegt raus, diverse Tanks und vielleicht sogar die Kojen. Ähnlich wie im St. Jacobus-Geschichtenhaus, das ebenfalls die bras betreibt, soll an Bord dann die Vergangenheit lebendig werden, inklusive Arbeitsstationen – eine Art „Erlebnis-Kogge“. Mühlmeyer plant ein Besucherkonzept, das sich besonders an Kinder aus benachteiligten Stadtteilen und an Kinder aus Flüchtlingswohnheimen richtet. Fahren wird die Kogge aber nicht mehr. Das hatte sich schon unter der Bereederung durch Hal Över als zu unrentabel erwiesen. HENNING BLEYL