Einer von der trockenen Art

Sie versuchen es auf allen Kanälen: Ganz ehrgeizige Fußballfirma, sendet Hannover 96 seine Sicht der Dinge heutzutage per Newsletter, YouTube, Facebook und anderem Schnickschnack in die Welt. Durchgängiger Sinn der Botschaften: Wir sind toll, besser als die anderen und haben Lust auf Verkaufsförderung. Das Dumme ist: 96-Cheftrainer Tayfun Korkut kann partout keinen Schaum schlagen und möchte sich, statt um die Ware, um die Sache kümmern: „Wichtig ist, wie die Mannschaft auftritt“, sagt er, „und was sie fußballerisch auf den Platz bringt.“

Korkut ist vernarrt in den Fußball, beschäftigt sich rund um die Uhr mit Taktiken, Spielsystemen und Statistiken. Was er in den offiziellen Pressekonferenzen zu sagen hat, ist grundsätzlich richtig – aber auch furztrocken. Das käme bei den Zuschauern auch sicher gut an, würde Hannover 96 nun richtig gut spielen und gäbe es Siege in Serie zu bejubeln. Hannover 96 spielt unter seiner Regie sehr diszipliniert, cleverer als früher – aber eben auch ziemlich erfolglos: Von den letzten elf Spielen in der Bundesliga wurde kein einziges gewonnen. Auch am Samstag in Köln blieb von einer 1:0-Führung aus Sicht der Niedersachsen am Ende nur ein 1:1.

Und so kippt die Stimmung gegen Korkut: Es lässt sich noch nicht genau abschätzen, was ihm mehr schadet, die sportliche Misere oder sein Auftreten. Einem richtig guten Trainer geht es nicht um schnellen Erfolg, sondern um eine langfristige Entwicklung. Ob Korkut bei seiner ersten Station als Bundesligatrainer so viel Kredit eingeräumt bekommt, dass er seinen Kurs auch bei falschen Ergebnissen noch lange fortsetzen darf? Vereinspräsident Martin Kind findet Korkut weiterhin klasse, hat aber ein Problem: Die Stimmung im Stadion wird immer mieser, die Zuschauerzahlen sinken.

Auf seiner Facebook-Seite suchte der Verein jetzt aus Anlass des Geburtstags von Sportdirektor Dirk Dufner möglichst viele „Gefällt mir“ zu erhaschen. Die Mehrheit der Fans allerdings übergoss den frisch 47-Jährigen mit Häme und Spott. Klar: Es wäre dämlich, auf jeden zu hören, der sich unter einem Pseudonym in sozialen Netzwerken zu Wort meldet. Aber die meisten digitalen Botschaften, die Hannover 96 in diesen Tagen rund um Korkut und Dufner erhält, sind mit deftigen Anfeindungen verbunden und geprägt vom Frust der Fans.

Wenn die beiden Rückgrat haben, bleiben sie ihrer Linie treu. Wenn die Mannschaft nett ist, beschenkt sie ihre Vorgesetzten ganz schnell mit einem Erfolgserlebnis. Sonst greifen Mechanismen des Fußballs, mit denen sich vor allem Korkut bisher nicht zu beschäftigen scheint. CHRISTIAN OTTO