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Kina habe ich das erste Mal auf dem „10 Meter ohne Kopf“-Hafenstraßen-Soli-Sampler Anfang der 90er gehört. Die Platte hatte der Vater eines Schulfreundes, seines Zeichens engagierter Staatsschützer, getarnt mit langen Haaren und Pali-Feudel um den Hals, im Infoladen Schwarzmarkt erworben. Ob privat oder im Zuge wichtiger Ermittlungen, das weiß ich nicht mehr. Die Platte jedenfalls spielte, schon weil sie auf uns gerade dem Pickelzeitalter Entwachsene so krass entschlossen wirkte, ein paar Wochen eine zentrale Rolle für unsere gerade beginnende Musiksozialisation. Heute ist die Platte dem Zugriff der Ermittlungsbehörden entzogen und hat ihren sicheren Platz in meiner Kiste, irgendwo zwischen den zahllosen „Iron Maiden“- und Ted Nugent-Platten des Onkels meines ehemaligen Mitbewohners. Für die heute Abend im Knust gastierende „Hard Core Italia Tour“ haben sich die drei legendären italienischen Punks, die Anfang der 80er als erste italienische Band in der frisch besetzten Hafenstraße aufgetreten waren und heute zu zwei Dritteln bei „Frontiera“ spielen, wieder zusammengefunden. Außerdem spielen Punkreas, des Stiefels bekannteste Ska-Punker, Arpioni, eine antirassistische und politische Ska-Band aus Bergamo und junge Punkrocker aus Rom namens DDR, was in diesem Fall eine Abkürzung für „Diritto Di Rivolta“ ist.

Der Gar-nicht-mehr-so-geheim-Tipp für Freitag ist dann natürlich DJ Koze im Hafenklang. Der einstige DMC-Championship-Vize und GermanistInnen-Hip-Hop-Star beschäftigt sich ja schon seit geraumer Zeit ziemlich erfolgreich mit elektronischer Tanzmusik und schafft es bei LeserInnen-Umfragen regelmäßig, zum besten DJ des Jahres gewählt zu werden. Verschrobener ist da sein Projekt „Adolf Noise“, wo man dann etwa Gunter Gabriels Erwerbslosenbeschimpfung in Eisleben im Herbst 2004 gesampelt findet. Langweilig wird’s bei Herrn Kozalla jedenfalls nie. Und leer sicher auch nicht. Weshalb wir uns hier der allgemeinen Empfehlung, früh zu kommen, anschließen.

Ebenfalls am Freitag sind die Editors in Hamburg. Die haben für ihr erstes Album „The Back Room“ vor zwei Jahren zu recht jede Menge Kopisten-Vorwürfe gesammelt. Zu sehr klang das Ganze nach einer langweiligen Version von „Interpol“; für ordentliche Chart-Platzierungen hat’s dann natürlich doch gereicht. Im Sommer haben die vier Briten nun ihr zweites Album „An End Has A Start“ vorgelegt und in eine ganz andere Richtung geht es natürlich nicht. Mit ein bisschen mehr Pop, Geschwindig- und Gefühligkeit geht man jetzt ans Werk. Textlich befasst man sich nach etlichen Trauerfällen im persönlichen Umfeld mit Tod, Verlust und Krankheit. „We try to touch on death in a positive way“, fasst Sänger Tom Smith das zusammen.

Am Montag schließlich ist der Britpop-Singer/Songwriter-Hybrid Jack Peñate im Molotow. Der zählt gerade mal 21 Lenze, aber weil er für alle Ohren dabei schon so erwachsen klingt, ist er in seiner Heimatstadt London zurzeit Stadtgespräch. Im April hat er eine EP mit fünf Stücken veröffentlicht, die Singleauskopplung „Torn On The Platform“ schaffte es auf Anhieb in die Top 5 der britischen Charts. Jetzt ist das Debüt-Album da. ROBERT MATTHIES Hard Core Italia mit Kina, Punkreas, Arpioni und DDR: Do, 1. 11., 21 Uhr, Knust DJ Koze: Fr, 2. 11., 23 Uhr, Hafenklang Editors: Fr, 2. 11., 21 Uhr, Uebel & Gefährlich Jack Peñate: Mo, 4. 11., 21 Uhr, Molotow