Populist droht auszupacken

Heute will Hamburgs Ex-Innensenator Ronald Schill endlich vor dem Untersuchungsausschuss über den umstrittenen Kinderknast Feuerbergstraße aussagen. Die Opposition hofft auf Vorwürfe gegen CDU-Bürgermeister Ole von Beust

Eine Zeugenaussage vor einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft sei „ja keine Clownerei“, sagt Rechtsanwalt Corvin Fischer. Deshalb werde sein Mandant heute Abend „ganz sachlich und vollumfänglich aussagen“, kündigte Fischer gestern im Gespräch mit der taz an: Die Rede ist von Ronald Barnabas Schill.

Vor knapp zwei Wochen kehrte der frühere Hamburger Zweite Bürgermeister und Innensenator aus seinem Exil in Rio de Janeiro zurück, um seinen abgelaufenen Reisepass erneuern zu lassen (taz berichtete). Umgehend wurde er vor den Ausschuss zum umstrittenen Geschlossenen Heim für straffällige Jugendliche geladen. Vernehmen will ihn das Gremium schon seit zwei Jahren. Wenn Schill heute Abend tatsächlich auspacken sollte, dann droht dem CDU-Senat Ungemach.

Denn der Kinderknast im Stadtteil Ohlsdorf sei „ohne Schill nicht zu erklären“, sagt Thomas Böwer, Ausschuss-Obmann der oppositionellen SPD. Deshalb erhoffe er sich „sachdienliche Auskünfte“ über die Einrichtung des Heimes im Dezember 2002, das seither immer wieder für Skandale sorgte. Und der rot-grünen Opposition gilt der Rechtspopulist Schill eben als „treibende Kraft“ hinter der Feuerbergstraße.

Der Senator habe hinsichtlich jugendlicher Straftäter „ständig von 100 Zeitbomben schwadroniert, die in der Stadt rumlaufen“, hatte auch Bürgermeister Ole von Beust (CDU) am 8. Juni vor dem Ausschuss zu Protokoll gegeben. Offenbar sei ihm alles „viel zu langsam gegangen“. Schill selbst hatte früher mehrfach behauptet, „alle zwei Wochen“ bei der zuständigen Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) „Druck gemacht“ zu haben. Was diese in ihrer Aussage vor dem Ausschuss jedoch prompt bestritt.

Zentral geht es heute Abend um die Frage, wer ursächlich verantwortlich ist für die Skandale und Missstände in dem Geschlossenen Heim, denen der Untersuchungsausschuss nachgespürt hat. Sollte Schill gegen andere Senatsmitglieder das erheben, was im Hamburger Gesetz zur Arbeit des Gremiums „substanzielle Vorwürfe“ heißt, kann den Angeschuldigten „zur Wahrheitsfindung“ eine Gegenüberstellung gewährt werden. Davon mag die rot-grüne Opposition träumen: Schill Aug’ in Aug’ mit seinen einstigen Bündnispartnern – und das im Vorwahlkampf.

Eine „umfassende Aussagegenehmigung“ hat Schill für heute übrigens erhalten, sagt Senatssprecher Christof Otto: „Wir haben ja nichts zu verbergen.“SVEN-MICHAEL VEIT