OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Kino, so wie wir es heute kennen, hat der aus England in die USA emigrierte Fotograf Eadweard James Muybridge noch nicht gemacht. Er befasste sich vornehmlich mit Serienfotografien, mit deren Hilfe er Bewegungsstudien von Menschen und Tieren anfertigte. Seine spektakulärste Erkenntnis bestand in dem 1872 geführten Beweis, dass Pferde beim Trab mit allen vier Hufen vom Boden abheben. Dazu hatte Muybridge auf einer Rennbahn in geringen Abständen Fotoapparate installiert, die dann durch das vorbeitrabende Pferd vermittels Schnüren ausgelöst wurden. Damit er die Bewegungen seiner Studienobjekte später nachvollziehen konnte, fertigte Muybridge das sogenannte Zoopraxiscope an: Dabei wurden die einzelnen Bewegungsphasen auf eine sich drehende Glasplatte gezeichnet, derweil eine mit Schlitzen versehene und gegenläufig rotierende Scheibe beim Zuschauer den Eindruck der Animation erzeugte. In seiner Dokumentation „Eadweard Muybridge, Zoopraxographer“ begibt sich Thom Andersen auf die Spuren dieses wichtigen Kinopioniers und verdeutlicht dessen interessante Experimente mithilfe moderner Filmtechnik.

Mit ihrer Geschichte um den Nachwuchssurfer-Pinguin Cody Maverick, der sich auf Hawaii mit seinem alten Idol, der mittlerweile etwas heruntergekommenen Surflegende Big Z, anfreundet, haben sich die Regisseure Ash Brannon und Chris Buck auf Dinge besonnen, welche die Computeranimation von jeher besonders gut hinbekommt: Als Hauptfiguren von „Könige der Wellen“ fungieren mit einigem Witz liebenswerte Federviecher, derweil die Naturhintergründe so fotorealistisch wirken, dass man in den Szenen vom Wellenreiten die Animationstechnik glatt vergessen kann. Hinzu kommt die lustige Präsentation der Story im Stil einer amerikanischen Sportreportage, so dass sich „Könige der Wellen“ letztlich auch als absolut kompetenter Surffilm erweist. Ob der hyperrealistische Stil, dem auch diese Produktion in der Wiedergabe von Landschaften frönt, im Endeffekt nicht doch eher Rück- als Fortschritt für die Entwicklung der Animationskunst bedeutet, wird wohl erst die Zeit entscheiden.

„Ich werde nachsehen, ob Hoheit heute empfängt. Nehmen Sie inzwischen auf dem Treppengeländer Platz“, bescheidet der Diener einmal einen Besucher des Prinzen, der in Ernst Lubitschs spottlustiger Komödie „Die Austernprinzessin“ (1919) durch den Ersten Weltkrieg zwar völlig verarmt ist, jedoch auch in einer ärmlichen Hinterhofwohnung an den unpassenden Umgangsformen der Kaiserzeit festhält. Ihr Pendant finden die beiden Snobs in dem neureichen „Austernkönig von Amerika“, einem absoluten Kulturbanausen, der in einem Schloss residiert und seiner Tochter dazu passend einen blaublütigen Adeligen als Ehegemahl einkaufen möchte. Angesichts seiner finanziellen Lage kann der Pleite-Prinz dazu nur schlecht Nein sagen. Begeisterung löste beim ausgehungerten Nachkriegspublikum übrigens eine Szene mit einem opulenten Hochzeitsbankett aus: ein Anlass zum Träumen. LARS PENNING

„Eadweard Muybridge, Zoopraxographer“ 6. 11. im Arsenal

„Könige der Wellen“ 1.–7.11. im Alhambra, Cineplex Spandau, FT am Friedrichshain, Kino Kiste, Manhattan, Thalia, Titaniapalast

„Die Austernprinzessin“ 5. 11. im Arsenal