piwik no script img

Archiv-Artikel

Ein Schatz in rustikaler Kulisse

THEATER Zum zweiten Mal zollt die Alte Liebe Karl Valentin und Liesl Karlstadt Tribut. Dazu gibt es Weißbier und Radi, wobei sich die Valentin‘sche Komik hervorragend entfaltet

Jagdtrophäen hängen an den Wänden, die Bedienung trägt zünftig Dirndl und Lederhosen. Willkommen in Bayern!

von Andreas Schnell

Bei Betreten des neuen Saals der Schwankhalle müssen sich eingefleischte Bremer womöglich erst akklimatisieren. Auf blauweiß gedeckten Biertischen steht Radi, serviert wird – in Dirndl und Lederhose – bevorzugt Weißbier, Jagdtrophäen hängen an den Wänden. Willkommen in Bayern!

Damit alles stimmt, wurde für „War jetz‘ des gestern oder im 3. Stock?“ die Regieposition doppelt besetzt, auf dass der bayrisch-norddeutsche Kultur-Transfer reibungslos gelinge: Nomena Struß ist dem Bremer Publikum als Schauspielerin und Performerin ein Begriff, gemeinsam mit der Münchner Schauspielerin Marion Freundorfer hat sie nach Frank Albrechts erfolgreicher Huldigung „Heut‘ besuch ich mich, hoffentlich bin ich daheim!“ einen zweiten, weitgehend werktreuen Abend mit Werken Valentins eingerichtet.

Auf der Bühne stehen dabei, wie schon beim letzten Mal, Denis Fischer und Anja Wedig, wobei vor allem Fischer wunderbar poltig bayert, verstärkt werden sie nun noch von Carsten Sauer, der vor allem für Tasteninstrumente zuständig ist, aber auch einen erschütternden Posauneneinsatz hat.

Gemeinsam heben sie in rustikaler Kulisse so einige Schätze aus dem umfangreichen Werk Valentins. Dazu gehören durchaus bekannte Stücke wie das vom Buchbinder Wanninger, der eigentlich nur die bei ihm bestellten Bücher liefern will und fragen, ob er die Rechnung gleich mitsenden soll – und im folgenden erlebt, was die Effizienz des freien Marktes bis heute immer wieder hervorbringt: Er wird von „Pontius zu Pilatus“ durchgestellt und scheitert schließlich am Feierabend. Oder die Sache mit der Polizistin und dem Fahrradfahrer, der zwar eine nicht funktionierende Glühbirne an seinem Rad hat, deren Licht er aber auch nicht brauche, weil er nur bei Tag fahre. Dass das kein gültiges Argument ist, weiß noch heute jeder Mensch, der Rad fährt. Bei Valentin entkommt der gute Mann der Strafe nur wegen seines Namens. Er heißt nämlich Wrtlprmft – „so wie man‘s spricht“.

Grandios schließlich das Finale, „Das Theater muss sich ändern“, darin so viel Weisheit steckt, dass wir nur raten können, hinzugehen und selbst zu schauen und zu hören. Aber seien Sie pünktlich. Entgegen sonstiger Schwankhallen-Gewohnheiten beginnt dieser kurzweilige und lehrreiche Abend schon um 19.30 Uhr – außer zur letzten Aufführung an Silvester, da fängt‘s um 20.30 Uhr an, dazu gibt es dann ein Bio-Buffet.

■ Nächste Vorstellungen: Sonntag, Mittwoch und Donnerstag, 19.30 Uhr, Schwankhalle