Der stolze Bomber von Hiroschima

Paul Tibbets, der in den USA als Held verehrt wird und den hier ein Bild von 2003 zeigt, leitete als 30-jähriger Pilot den Abwurf der Atombombe auf Hiroschima. Er war sein Leben lang stolz darauf FOTO: AP

Als Junge hat er zu Werbezwecken aus einem Flugzeug Bonbons über einem Jahrmarkt in Florida abgeworfen. Das weckte in ihm die Leidenschaft fürs Fliegen. Als 30-jähriger Pilot des US-Army Air Corps im Zweiten Weltkrieg warf Paul Tibbets am 6. August 1945 über dem japanischen Hiroschima die erste Atombombe ab. 140.000 Menschen starben bis Ende 1945, zehntausende weitere litten jahrelang an Spätfolgen.

Tibbets hat seine maßgebliche Rolle beim Atombombenabwurf nie bereut. Er sei nicht stolz darauf, dass er so viele Menschen getötet hat. Aber er sei stolz, dass es so perfekt funktioniert habe. „Ja, ich würde es wieder tun“, sagte er. „Ich hatte deswegen keine schlaflose Nacht.“

Wie die offizielle US-Geschichtsschreibung meinte auch Tibbets, dass durch die als militärisch unnötig kritisierten Atombombenabwürfe auf Hiroschima und Nagasaki eine für beide Seiten verlustreichere US-Invasion Japans verhindert und der Krieg so schneller beendet werden konnte.

Oberst Tibbets war Kommandeur der 509th Composite Group, die zum Einsatz der Atombomben gebildet worden war. Bevor er unter größter Geheimhaltung seine Einheit trainierte, hatte der Pilot mit einem exzellenten Ruf bereits an Lufteinsätzen gegen Nazideutschland teilgenommen. Tibbets wählte die Flugzeuge vom Typ B-29 persönlich aus und ließ sie umrüsten, damit sie noch höher steigen konnten. Den von ihm selbst gesteuerten Bomber benannte er nach seiner Mutter: Enola Gay.

Präsident Harry S. Truman hatte den Befehl zum Abwurf der neuen Bombe, die eine Warnung an Japaner und Sowjets zugleich war, bereits am Rande der Potsdamer Konferenz der Alliierten gegeben. Unmittelbar nach der Explosion der „Little Boy“ getauften Bombe wich Tibbets in einer scharfen Kurve der radioaktiven Pilzwolke aus. „Die Stadt, die wir nur wenige Minuten vorher so klar gesehen hatten, war nur noch ein hässlicher Schmutzfleck“, sagte er. Als er Stunden später wieder auf der Marianen-Insel Tinian landete, erhielt er bereits einen Orden. Später wurde Tibbets General. In den 60er-Jahren sollte er US-Militärattaché in Indien werden, doch verhinderten dies dortige Proteste. Später führte er noch ein ziviles Lufttaxi-Unternehmen.

Als zum 50. Jahrestag des Abwurfs in den USA eine offizielle Ausstellung geplant wurde, die auch kritische Positionen darstellen sollte, setzte Tibbets mit anderen eine glorifizierende Version durch. In Hiroschima wird bedauert, dass er die Stadt nie besucht und sich nie entschuldigt hat. Am Donnerstag starb er 92-jährig in Columbus, Ohio. Er bat darum, kein Grab zu errichten, damit es kein Ort für Proteste wird. SVEN HANSEN