Neonazis sollen Mordserie verübt haben

TERRORGRUPPE Tatwaffe der „Döner-Mörder“ in Haus von Rechtsextremisten in Zwickau gefunden. Bundesanwaltschaft ermittelt

BERLIN taz | Die Bundesanwaltschaft vermutet, dass eine rechtsextreme Terrorgruppe für die als „Döner-Morde“ bezeichnete Mordserie verantwortlich ist, bei der zwischen 2000 und 2006 neun türkisch- und griechischstämmige Ladenbesitzer in verschiedenen deutschen Städten erschossen wurden. Das Neonazi-Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Z. wird auch mit dem Mord an einer Polizistin in Heilbronn im April 2007 in Verbindung gebracht. Damit nehmen gleich zwei der spektakulärsten Kriminalfälle der vergangenen Jahre eine unerwartete Wende. Beobachter sprechen bereits von einer möglichen „Braunen Armee Fraktion“, die über Jahre hinweg unerkannt im Untergrund agierte.

Die beiden Männer waren vor einer Woche nach einem Banküberfall im thüringischen Eisenach tot in einem Wohnmobil aufgefunden worden. Beate Z. stellte sich am Dienstag der Polizei, nachdem sie vorher wohl das gemeinsame Wohnhaus der drei im sächsischen Zwickau in die Luft gesprengt hatte. Sie verweigert bisher die Aussage.

In den Resten des abgebrannten Wohnhauses in Zwickau fanden die Ermittler nun die bei der „Döner-Mordserie“ benutzte Tatwaffe. Drei dieser Morde ereigneten sich in Nürnberg, zwei weitere in München, jeweils ein Mord geschah in Hamburg, Rostock, Dortmund und Kassel. Benutzt wurde immer dieselbe Waffe, eine tschechische Pistole der Marke Ceska, Kaliber 7,65 mm.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe zog am Freitagnachmittag den kompletten Fall an sich und ermittelt nun gegen Beate Z. wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und wegen Mordverdachts. Zudem will sie herausfinden, ob eine „Verstrickung möglicher weiterer Personen aus rechtsextremistischen Kreisen in die Taten“ besteht.

Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Z. gehörten in den 90er Jahren der militanten Neonazi-Kameradschaft „Thüringer Heimatschutz“ an. 1998 wurde in einer von Beate Z. angemieteten Garage in Jena eine Bombenwerkstatt ausgehoben – doch da waren die drei schon untergetaucht und blieben 13 Jahre verschwunden. In dieser Zeit sollen sie eine Serie von Bankrauben verübt haben.

Thüringer Minister kündigt unabhängige Untersuchung an

Bis heute ist unklar, wie dem Trio trotz Observation die Flucht gelingen konnte. Der Thüringer Innenminister Jörg Geibert (CDU) kündigte am Freitagnachmittag an, eine unabhängige Kommission einzusetzen, die die Vorgänge von Ende der 90er untersuchen soll. Der Verfassungsschutz und das Landeskriminalamt sollen bewusst nicht daran beteiligt sein. Der Hintergrund: Der Kopf des militanten „Thüringer Heimatschutzes“ war, wie später bekannt wurde, V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes. WOS

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