OFF-KINO

Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Die Welt des Erich von Stroheim war geprägt von pubertären Träumen wüster Orgien und Bacchanalen sowie von seiner Hassliebe zur Donaumonarchie seiner Jugendzeit, die er immer wieder mit großer satirischer Schärfe und besessener Detailgenauigkeit auf die Leinwand brachte. Sein nie vollendetes geniales Melodrama „Queen Kelly“ (1928) zeigt Gloria Swanson in einer grandios absurden Story als Klosterschülerin, die zum erotischen Objekt der Begierde eines Prinzen wird und später von der Königin einer fiktiven Monarchie aus dem Palast gepeitscht wird. Sodann erbt Kelly ein Bordell in Afrika und soll einen ältlichen Gönner heiraten. Wie Kelly und der Prinz später wieder zusammenkommen, wurde gar nicht mehr gedreht, weil Finanzier Joseph Kennedy – der Vater des späteren Präsidenten – den Geldhahn zudrehte: Das Aufkommen des Tonfilms, Gloria Swansons ständige Beschwerden über Stroheim, dessen wie üblich jedes Maß sprengende Dreharbeiten sowie die vorhersehbaren Probleme mit der Zensur dürften mehr als einen Grund dafür geliefert haben. Zu sehen ist das Meisterwerk beim Stummfilm um Mitternacht mit Anna Vavilkina an der Kinoorgel (28. 2. & 1. 3., Babylon Mitte).

Mit seinem bulligen Aussehen und der beginnenden Glatze war Gene Hackman lange Jahre nur auf Nebenrollen abonniert, ehe der damals bereits Vierzigjährige mit der Rolle des übermotivierten Rauschgiftfahnders „Popeye“ Doyle in „The French Connection“ (1971) in die erste Garde der amerikanischen Stars aufrückte. Regisseur William Friedkin setzt auf Hackmans physische Präsenz: Man sieht ihn rennen, schnaufen und schwitzen – selten zuvor hatte jemand einen derartig hartnäckigen und verbissenen Polizisten auf die Leinwand gebracht. Sein Lohn war der Gewinn des Oscars als bester Schauspieler des Jahres 1971. Zudem lebt der Film von Friedkins Gespür für den Schauplatz New York: Dreckige Hinterhöfe, schummerige Bars und das unvermeidliche Verkehrschaos auf den Straßen liefern die Kulisse für die spannende Jagd zweier Cops auf einen smarten Drogendealer (O. m. frz. U., 2. 3., Arsenal).

In der Dokumentation „Bonne nuit Papa“ nähert sich die Regisseurin Marina Kem ihrem mittlerweile verstorbenen kambodschanischen Vater, der in der DDR studiert hatte und dort blieb, nachdem die Roten Khmer 1975 in Kambodscha ein Terrorregime errichteten. Der Ingenieur heiratete, bekam mit seiner Frau drei Töchter, erzählte ihnen aber über seine Herkunft so gut wie nichts. Mit „Bonne nuit Papa“ findet die Regisseurin nun ihre eigenen Wurzeln bei den Verwandten in Kambodscha, doch auch jenseits der persönlichen Ebene rollt der Film ein interessantes Stück Zeitgeschichte auf (26. 2.–4. 3., Zukunft Berlin)