Obamas Nein zur Ölpipeline

KEYSTONE XL Der US-Präsident legt sein Veto gegen die umstrittene Leitung ein. Der Chef des Senats will sich damit nicht zufriedengeben

„Obama hat einen wichtigen ersten Schritt getan“

MAY BOEVE, AKTIVISTIN

VON DOROTHEA HAHN

NEW YORK taz | „Unklug“ nennt Barack Obama das Gesetz, mit dem die Kongressabgeordneten das behördliche Prüfungsverfahren für die Keystone XL Pipeline umgehen und die umstrittene Anlage umstandslos genehmigen wollen. Am Dienstag hat der US-Präsident dem Gesetz seine Unterschrift verweigert. Es ist sein erstes Veto in einer Amtszeit, in der voraussichtlich viele weitere folgen werden. Der neue Chef des Senats, Republikaner Mitch McConnell, will das Veto übergehen. Allerdings scheinen ihm dazu die nötigen Stimmen zu fehlen. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, John Boehner, bezeichnete Obamas Veto als „nationale Peinlichkeit“. Der Präsident lasse sich zu sehr von „Umweltschutzextremisten“ beeinflussen.

Für die republikanische Mehrheit im US-Kongress hat die Ölpipeline höchste Priorität. Sie soll schweres Rohöl aus dem Teersandabbaugebiet im kanadischen Alberta in texanische Raffinerien bringen. McConnell brachte die Genehmigung im Januar als erstes Gesetz seiner Amtszeit ein. Für PipelinebefürworterInnen auch aus der Demokratischen Partei ist die Anlage im „nationalen Interesse“. Denn das Öl aus Kanada sei sicherer als Öl aus Venezuela und den Golfstaaten und garantiere den USA größere „Energieunabhängigkeit“ sowie niedrigere Ölpreise. Zudem sorge die Pipeline für die Schaffung von Arbeitsplätzen.

KritikerInnen widersprechen diesen Argumenten. Sämtliche Studien zeigen, dass nur während des Baus der Pipeline befristet Arbeitsplätze entstehen, während sich der langfristige Effekt auf ein paar Dutzend neue Jobs beschränkt. Auch weisen die KritikerInnen darauf hin, dass die USA nur ein Durchgangsland für das schwere Rohöl sind, das letztlich dorthin gehe, wo die Preise am höchsten sind. Vor allem aber betrachten sie den Ölabbau in Teersandgebieten als „Aus für das Weltklima“ (James Hansen, ehemaliger Nasa-Wissenschaftler), weil Förderung, Transport und Raffinierung klimafeindlicher als jede konventionelle Ölförderung sind. Den gegenwärtigen Beschleunigungsversuch des Kongresses interpretieren KritikerInnen als Gegenleistung für die Ölindustrie. Diese ist eine der größten GeldgeberInnen für Abgeordnete beider Parteien. „Obama hat einen wichtigen ersten Schritt getan“, sagt May Boeve von der Anti-Pipeline-Gruppe „350.org“. Sie betrachtet das Veto des US-Präsidenten als einen Erfolg der langjährigen Proteste längs der Pipelineroute. Sie erwartet nun mehr von Obama: „Wenn er seine Klimapolitik ernst meint, muss er die Pipeline insgesamt stoppen.“

Für das Weiße Haus ist das Veto noch keine grundsätzliche Entscheidung. Laut Sprecher Josh Earnest kommt diese erst, wenn die ExpertInnen ihre abschließende Meinung über die Umweltverträglichkeit vorlegen. Obama will sein Handeln davon abhängig machen, ob die Pipeline Auswirkungen auf das Klima hat.

Die Keystone XL ist ein Symbol für Umweltbewegung und Ölindustrie geworden. Während der Prüfungsperiode hat die Industrie Bahnverladestationen in Alberta, Kanada und North Dakota (USA) gebaut, an denen pro Tag mehr Öl in Züge verladen wird, als die 800.000 Barrel (je 159 Liter), die die Pipeline täglich transportieren soll. Zuletzt hat der auf unter 50 Dollar gesunkene Ölpreis den Elan der Industrie gedämpft. Der Abbau von Teersandöl lohnt sich erst oberhalb der 70 Dollar pro Barrel.