Atommüll im Naturpark

TOURISMUS Der Heidekreis lehnt es aus Angst vor einem Image-Schaden ab, schwach radioaktiv strahlenden Bauschutt aus dem Atomkraftwerk Stade auf einer kreiseigenen Mülldeponie zu lagern

„Unsere Mülldeponie ist weder Gorleben noch die Asse“

MEIKE MOOG-STEFFENS, SPD

Im Heidekreis gibt es womöglich eine strahlende Gefahr: 2.000 Tonnen Bauschutt aus dem Atomkraftwerk Stade. Die Strahlenwerte des Bauschutts liegen im gesetzlichen Rahmen für die Lagerung auf einer Mülldeponie. Trotzdem hat der Kreistag des Heidekreises in Bad Fallingbostel beschlossen, auf der Deponie Schneverdingen-Hillern nichts mehr anzunehmen. Das Risiko, doch stark strahlenden Müll zu lagern, will weder die Bevölkerung noch die Politik tragen.

„Schneverdingens Haupteinnahmequelle ist der Tourismus im Naturpark Lüneburger Heide, wir können keinen Image-Schaden gebrauchen“, sagt Schneverdingens Bürgermeisterin Meike Moog-Steffens (SPD). „Unsere Mülldeponie ist weder Gorleben noch die Asse.“ Auch Detlef Lerch, Leiter des Bauamts Schneverdingen, vermutet, dass das Bauschutt-Problem vor allem auf Angst vor einem Image-Schaden beruhe. Der Luftkurort ziehe viele Touristen an, Gerüchte um strahlenden Müll machen die Stadt nicht attraktiver. Außerdem, sagt Lerch, wäre eine transparentere Informationspolitik seitens der Mülldeponie wünschenswert gewesen.

Damit bezieht er sich auf 103 Tonnen Bauschutt aus dem AKW Stade, die zwischen 2003 und 2009 auf die Mülldeponie gebracht wurden. Davon hatten Landrat und Bürger aber bis zum Sommer dieses Jahres nichts gewusst. Auch deshalb lehnte der Kreistag eine neue Lieferung ab. „Es gibt keine offizielle Begründung für die Ablehnung“, sagt Andreas Pütz, Pressesprecher des Heidekreises. Es solle vielmehr ausgeschlossen werden, dass es in Zukunft Schwierigkeiten mit dem Müll geben könnte.

Diese „Schwierigkeiten“ sieht Rainer Jäger, Vorstand der Abfallwirtschaft Heidekreis, nicht. Der Bauschutt dürfe maximal zehn Mikrosievert pro Jahr abstrahlen, die Werte würden vom Niedersächsischen Umweltministerium kontrolliert. Es handele sich um „freigemessenes Material“, das gesundheitlich unbedenklich sei, selbst Krankenhausabfälle würden stärker strahlen.

Dass es an Informationen zur objektiven Gefahr des Bauschutts fehlt, ist auch dem Landtagsabgeordneten Dieter Möhrmann (SPD) aufgefallen: Er hat darum eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt.  JOHANNA LEPÈRE