die anderen über musharrafs zweiten putsch in pakistan und die verantwortung des westens
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In Rom kommentiert La Repubblica: Condoleezza Rice steht im Kreuzfeuer, ihre Kritiker geben dem doppelten Spiel Washingtons die Schuld am Staatsstreich Musharrafs. Rice hat deshalb gestern angekündigt, dass die Hilfen, die die USA Pakistan zukommen lassen, neu geprüft werden sollen. Aber es sieht nicht so aus, als ob die USA die militärische Unterstützung für Islamabad einstellen wollen. Seit 2001 hat Musharraf fast 11 Milliarden Dollar von Washington erhalten und der Geldfluss geht mit einem Rhythmus von 150 Millionen Dollar pro Monat weiter. Davon fließen aber nur zehn Prozent in Projekte, die wirtschaftliche und soziale Ziele haben: Der Rest geht an die Soldaten.

In London meint der Independent: Pervez Musharrafs Putsch – was es in Wahrheit ist – hat die schwächliche Kalkulation des Westens bloßgelegt. Wenn Pakistan künftig als freundlich gesinnter Staat verloren ist, ist Musharraf nur zum Teil verantwortlich. Ein großer Teil der Schuld lastet auf dem Westen, der darauf beharrt hat, dass die einzige Priorität von Pakistans Machthabern die strategischen Launen des Westens sind. Stattdessen hätten wir mehr Druck machen müssen, dass Demokratie hergestellt, ein Wahltermin festgelegt und der Druck auf die Justizgewalt beendet wird. Das hätte ein Fünkchen Hoffnung gegeben, dass Pakistan aus dem tiefen Morast herauskommt.

Die Neue Zürcher Zeitung meint: Da sich Musharraf die säkularen Kräfte ebenso zum Feind gemacht hat wie die Islamisten, steht er heute völlig isoliert da. Die Verhängung des Notstands hat er damit begründet, dass die „ständige Einmischung“ des Verfassungsgerichts die Regierung in ihrem Anti-Terror-Kampf schwäche. Tatsächlich war es aber wohl eher eine persönliche Abrechnung mit den aufmüpfigen Richtern, die Musharrafs Regime zunehmend herausforderten und eine beeindruckende zivile Protestbewegung in Schwung brachten. Der Preis für die Außerkraftsetzung der Verfassung könnte jedoch hoch sein. Musharrafs Glaubwürdigkeit hat darunter weiter gelitten.

Der Tages-Anzeiger aus Zürich kommentiert: Musharraf selber sieht sich als Retter der Nation. Er steht mit dieser Einschätzung mittlerweile ganz alleine da. Er ist längst Teil des pakistanischen Problems, vielleicht ist er das grösste Problem des Landes überhaupt. Nur die allmächtige Armee hat er noch fest im Griff. Stabilität ist davon aber nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Musharrafs autokratische Hand wird die Militanten nur noch mehr anstacheln. An baldige Wahlen glaubt niemand mehr. Am wenigsten der General. In seiner Rede über die Notwendigkeit des Ausnahmezustands sprach er viel von Demokratie. Die Parlamentswahlen erwähnte er mit keinem Wort.