Riesenmehrheit für Griechenhilfe

BUNDESTAG Vor der Abstimmung über das Griechenlandhilfsprogramm kündigen nur 22 Unions-Abgeordnete ein Nein an. Linkspartei will Solidarität mit der Syriza zeigen

■ Milliarden fehlen: Griechenland steht schon wieder vor einem akuten Finanzloch. Aus Kreisen des griechischen Finanzministeriums heißt es, dass Athen im März Verpflichtungen im Umfang von gut 6,85 Milliarden Euro erfüllen muss. Regierungssprecher Gavriil Sakellaridis sagte: „Wir werden eine Lösung finden, die alle Seiten zufriedenstellen wird.“ Worin diese Lösung bestehen und welche Rolle dabei die Europäische Zentralbank spielen könnte, wurde nicht bekannt. (dpa)

AUS BERLIN PASCAL BEUCKER
UND ANJA MAIER

Bei den Regierungsfraktionen ist – fast – alles klar. Bei einer Probeabstimmung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion über die Verlängerung des Griechenlandhilfsprogramms enthielten sich am Donnerstag 5 Abgeordnete, 22 stimmten mit Nein. Die SPD wiederum stimmte geschlossen mit Ja.

Gemessen an der Übermacht der Großen Koalition im Parlament, gilt damit die Zustimmung an diesem Freitag als sicher. Dennoch zeigt das Ergebnis der sonst so braven Union, wie unzufrieden ein Teil der Abgeordneten mit der Entscheidung ist, das 2012 beschlossene Hilfsprogramm für Griechenland zu verlängern. Und das, obwohl Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) persönlich den Parlamentariern auseinandersetzte, warum er sie um ihre Zustimmung bittet.

In der Fraktionssitzung soll sich Schäuble laut Teilnehmerangaben sehr verärgert über den griechischen Finanzminister Janis Varoufakis geäußert haben. In einem Interview hatte dieser erneut einen Schuldenschnitt ins Gespräch gebracht. Die Solidarität der Europäer werde durch dessen Äußerungen stark strapaziert, erklärte Schäuble. Falls Griechenland gegen die Absprachen verstoße, seien diese hinfällig. Welche Folgen ein solcher Verstoß haben werde – darauf legte sich Wolfgang Schäuble nicht fest.

Einer der prominentesten Neinsager ist der Innenausschussvorsitzende Wolfgang Bosbach. Seine Drohung, sich wegen der aktuellen Griechenland-Abstimmung gleich aus dem Bundestag zurückzuziehen, scheint der CDU-Politiker vorerst nicht wahr zu machen. Er wolle darüber in vier Monaten entscheiden, sagte Bosbach – spätestens dann braucht Griechenland voraussichtlich frisches Geld. Zu den Abweichlern gehört neben dem eurokritischen CSU-Politiker Peter Gauweiler mit Peter Ramsauer auch ein ehemaliger Bundesminister. Weil bei der Probeabstimmung der Union nicht alle 311 Abgeordneten anwesend waren, ist für diesen Freitag wohl mit mehr als nur 22 Neinstimmen aus der Union zu rechnen.

Die Linkspartei will ihr Abstimmungsverhalten erst auf einer Sondersitzung unmittelbar vor der Bundestagsentscheidung festlegen. Strittig ist, ob die Fraktion aus Solidarität mit der in Griechenland regierenden Syriza-Partei Schäubles Antrag auf „Verlängerung der Stabilitätshilfe“ zustimmt oder sich enthält. Auch die beiden Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger sind sich in dieser Frage nicht einig. Nicht ausgeschlossen ist, dass einzelne Abgeordnete mit Nein stimmen, wie das die Bundessprecherin der „Antikapitalistischen Linken“, Lucy Redler, gefordert hat.

Die für Europaangelegenheiten zuständigen Minister der Linkspartei, Benjamin-Immanuel Hoff in Thüringen und Helmuth Markov in Brandenburg, forderten hingegen zu einem einheitlichen positiven Votum auf. „Wir wünschen uns ein geschlossenes Ja der Bundestagsfraktion, weil Die Linke im Bundestag auch über den Kurs der von ihrer Partnerpartei Syriza geführten griechischen Regierung abstimmt“, heißt es in einem Schreiben von Hoff und Markov an die Partei- und Fraktionsspitze. Das sei „ein Ausdruck praktischer Solidarität“. Eindringlich warnten die beiden Minister vor einer Ablehnung des Regierungsantrags: „Ein Nein würde uns dagegen in eine Reihe mit den konservativsten Teilen der Union und den Rechtspopulisten der AfD stellen.“

Auch die Grünen-Fraktion ist für den frühen Freitagmorgen zu einer Sondersitzung verabredet. Zuletzt hatte man aber bereits Zustimmung signalisiert. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt erklärte zu Beginn der Sitzungswoche: „Griechenland braucht mehr Zeit. Deswegen ist eine Verlängerung sinnvoll.“ Die so gewonnenen vier Monate müssten genutzt werden, um über Reformen in Griechenland zu sprechen.

Letztlich ist zu erwarten, dass alle vier Fraktionen im Deutschen Bundestag in der Griechenland-Frage so einig wie selten abstimmen werden – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.