Konfetti für den Herrn Senator

uni-GESCHICHTE Was vom kritischen Geist der Bremer Uni-Anfänge übrig geblieben ist, lassen eine Ausstellung und ein Film anlässlich ihres 40-jährigen Bestehens auf unterschiedliche Weise erkennen

■ Ausstellung: „Globale Fragen – Bremer Antworten“, Sparkasse am Brill, Mo bis Fr 9–18 Uhr. Bis 27. 1. Führungen nur am 23. 11., 21. 12. und 25. 1. jeweils 17 Uhr.

■ Vortrag: Viagra fürs Gehirn, – über Neuro-Enhancement, Gerd Glaeske 21. 11., 19 Uhr, Sparkasse.

■ Film: „Von Marx zu Darwin – Universität Bremen, eine Zeitreise“, 20. 11., 11 Uhr, (Uraufführung) und 27. 11., 14 Uhr, Schauburg, Reservierung erforderlich.

■ Weitere Programmpunkte & Infos: www.uni-bremen.de/40Jahre(taz)

Wie soll man die Bremer Uni erklären anlässlich ihres 40-jährigen Bestehens? Es gibt zum Jubiläum zwei Bücher, die ihre Geschichte nachzuzeichnen versuchen, am kommenden Samstag wird unter dem Titel „Von Marx zu Darwin“ erstmals ein Film zum Thema gezeigt, und in der Bremer Sparkasse gibt’s eine Ausstellung.

Während der Film in verschiedenen Interviews zurückschaut, ist der Blick nach vorn das Motto der Ausstellung: Logistik, Luft- und Raumfahrt, Informatik, Umwelt- und Meeresforschung sind die spektakulären Exponate. Und dann geht’s auch noch ums Altern der Gesellschaft, um Kommunikation und Sozialwissenschaft. Nicht als Ausbildungsstätte wird die Universität da vorgestellt, sondern als Forschungslabor unter dem Motto „Globale Fragen – Bremer Antworten“.

Da ist das Marum – „Zentrum für Marine Umweltwissenschaften“ vertreten durch „Marum-Seal“, sein Aufklärungs-Mini-U-Boot. Dieses intelligente Tauchgerät schicken die Wissenschaftler in Tiefen, die für menschliche Körper unzugänglich sind. Die Ablagerungen des Klimawandels finden sich dort, Schlammvulkane, schwarze Raucher und Tiefseekorallen, aber auch Methanhydrat, vielleicht eine Energiequelle der Zukunft.

Die Informatiker der Uni stellen nicht nur einen Flugsimulator vor, mit dem man sanfte Mondlandungen „steuern“ will, intelligente Mobilität soll auch für die alternde Gesellschaft entwickelt werden: schlaue Rollatoren oder auch Rollstühle, die auf Kommando in die Küche fahren können und im Weg liegende Gegenstände erkennen. Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik problematisiert kommenden Montag unter dem schönen Titel „Viagra fürs Gehirn“ die Mode des „Cognitive Enhancement“.

Wem dieser Zugang zu mühsam ist, dem kommt die filmische „Zeitreise“ durch 40 Jahre Geschichte der Uni Bremen von Michael Wolf ganz niedrigschwellig entgegen: Historische Filmaufnahmen gibt es offenbar wenige.

Nur einige Highlights werden gezeigt, etwa die Konfetti-Angriffe auf die Glatze des kämpferischen Wissenschafts-Senators Horst-Werner Franke, der sich dadurch keineswegs die Laune verderben lässt und die Pfiffe und Buh-Rufe der Studierenden zu genießen scheint.

Dutzende von Zeitzeugen werden nach ihren Erinnerungen befragt, das ersetzt die historische Darstellung und Analyse. Der kritische Anspruch der Uni-Gründung scheint dabei verflogen wie eine Mode – dem Film ist er nur nostalgische, fast mitleidige Bemerkungen wert. Die Geschichte der Bremer Uni zeige, was in dieser Gesellschaft geht und was nicht, fasst der frühere Rektor Alexander Wittkowsky den Prozess zusammen. Wenn heute die Forschung zu einem erheblichen Teil von Drittmitteln abhängt und zum Beispiel in der Werkstoffkunde direkt von Industrieaufträgen, dann hat sich das Realitätsprinzip durchgesetzt. Unter dem Druck unzureichender Finanzausstattung überlebt nur, wer ein Meister ist in der Finanz-Akquisition, diese Feststellung des Rektors Wilfried Müller scheint das Wort „Darwin“ im Filmtitel zu rechtfertigen. Im Film selbst kommt Darwin nicht vor.

Lehre ist bei der Jagd nach Exzellenz nur noch lästige Pflicht. Dass sie an der Bremer Uni im Zentrum stehen sollte, ist Vorgeschichte. Die Filmemacher haben passend dazu heutige Studierende gefunden, die erklären, dass sie in Bremen studieren, weil sie später einmal richtig Geld verdienen wollen. KAWE