KUNST AM BAU
: Alles hängt am Engagement der Bewohner

Was geschieht eigentlich mit Kunst am Bau, wenn die Gebäude verschwinden?

In München versucht Nicola Halder-Haß, Kunsthistorikerin und Immobilienwirtin, den Wandfries eines 500 Jahre alten Hauses zu retten. In Berlin ärgert sich der Architekt und Denkmalpfleger Wolf-Borwin Wendland noch immer über das Schicksal des zwischen 1798 und 1800 entstandenen Münzfrieses von Johann Gottfried Schadow, der heute zersägt im Depot lagert. Die Bildhauerin und Keramikerin Susanne Riée befindet sich also in guter Gesellschaft, könnte man sagen, was den nachlässig-verständnislosen Umgang mit ihrem 60 Meter messenden Keramikfries im Schwimmbad der Cité Foch in Berlin-Reinickendorf angeht. Das 1972 mit öffentlichen Mitteln von Kunst am Bau finanzierte Relief droht verloren zu gehen. Seit dem Abzug der französischen Streitkräfte 2002 geschlossen, steht die ehemalige Schwimmhalle zum Verkauf und ihr Abriss bevor.

Also diskutieren Experten wie Halder-Haß und Wendland auf Einladung der Camaro-Stiftung mit weiteren Fachleuten, was zu tun sei. Welchen Wert messen wir der Kunst am Bau, insbesondere der Nachkriegsmoderne, für das heutige Bild – in der Selbst- wie in der Außenwahrnehmung – unserer Städte bei? Und was eigentlich geschieht mit Kunst am Bau, wenn die Gebäude verschwinden?

Die Künstlerin Renata Stih, bekannt durch ihr dezentrales Denkmal im Bayerischen Viertel in Berlin, plädierte dafür, auch eine einzelne Wand zu schützen. Die neuen Bauherren sollten darauf verpflichtet werden, sie in den Neubau zu integrieren. Der Architekt Frank Augustin begrüßte diesen Vorschlag, auch als interessante Herausforderung für Bauherren und Architekten. Von ihm war zu erfahren, dass im Bebauungsplan der Cité Foch zwar die Fledermauspopulation, aber nicht das Keramikrelief aufgeführt wird.

Damit stand die entscheidende Frage im Raum: Wo und wie wird Kunst am Bau in Deutschland überhaupt dokumentiert, gepflegt und wenn nötig gesichert? Offenkundig gibt es dafür keine definierte Zuständigkeit. Eindringlich konnte Martin Püschel, für die Öffentlichkeitsarbeit der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte verantwortlich, schildern, wie der Erhalt der Baukunst an den Ostberliner Plattenbauten oft genug von der Aufmerksamkeit und dem Engagement der Bewohner abhing. Sind die Kosten vertretbar, versucht die WBM dem Wunsch nach Erhalt nachzukommen. Die Sanierung des Frieses von Walter Womacka am Haus des Lehrers am Alexanderplatz habe freilich seine Gesellschaft fast in den Konkurs getrieben.

Auch der Erhalt von Susanne Riées Fries wird teuer werden. Aber „das muss es uns wert sein“, meinte Nicola Halder-Haß, die sich optimistisch zeigte, dass die Kunst am Bau mit bürgerlichem Engagement zu retten sei. Das geht uns nun alle an. WBG