Staatsschutz ermittelt in Göttingen

Nach dem Brand eines Luxusautos in Göttingen schließt die Polizei einen politisch motivierten Anschlag nicht aus. Schon seit mehreren Monaten gehen in der Stadt auch immer wieder Streifenwagen in Flammen auf

Der jüngste Anschlag liegt schon zwei Wochen zurück, die Polizei gab ihn aber erst jetzt bekannt. In der Nacht zum 21. Oktober setzten Unbekannte im gutbürgerlichen Göttinger Ostviertel einen nagelneuen Audi in Brand. Ein Nachbar hatte das Feuer gegen 4.30 Uhr bemerkt und die Feuerwehr alarmiert. Die konnte nur noch die Trümmer ablöschen. Sachschaden: Rund 75.000 Euro.

Ein in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten sowie eigene Ermittlungen hätten ergeben, „dass das hochwertige Fahrzeug vorsätzlich in Brand gesetzt worden ist“, sagt Polizeisprecherin Jasmin Kaatz. Die Brandstifter hätten vermutlich die Vorderreifen des Wagens mit einer unbekannten Substanz entzündet. Das Feuer habe sich dann auf den Motor- und den Innenraum aus gebreitet.

Einen politischen Hintergrund der Tat schließt die Polizei ausdrücklich nicht aus. Kaatz verweist auf eine Demonstration der linken Szene am Mittag des 21. Oktober, an der sich „örtliche und überörtliche Autonome“ beteiligt hätten. Die Demo richtete sich allgemein gegen die „Zerschlagung linker Freiräume“, konkret ging es gegen die Kündigung von Gemeinschaftsmietverträgen durch das Göttinger Studentenwerk. Bei dem Marsch durch die Innenstadt kam es mehrfach zu Rangeleien zwischen Demonstranten und der Polizei, Beamte setzten dabei auch Schlagstöcke ein.

Ähnliche Zusammenhänge sieht die Polizei auch bei mehreren Anschlägen auf Streifenwagen aus der jüngsten Vergangenheit in der Universitätsstadt. So hatten am Abend des 27. Oktober 2006 Unbekannte einen VW-Transporter der Polizei in Brand gesetzt. An demselben Wochenende hatte es in der Stadt massenhafte Proteste gegen einen Aufmarsch der NPD gegeben. Im Mai dieses Jahres folgte der nächste Anschlag. Dieses Mal steckten die Täter nach Polizeiangaben nachts auf dem Parkplatz der Bundespolizei am Göttinger Bahnhof gleich zwei Dienstfahrzeuge an. Nur durch Zufall hätten zwei Streifenbeamte die teilweise in Flammen stehenden Kleinbusse auf dem Parkplatz bemerkt. Sie hätten das Feuer löschen können, noch bevor die Feuerwehr eintraf. Reifen und Unterböden der Einsatzfahrzeuge seien beschädigt worden, der Sachschaden soll sich auf 6.000 Euro belaufen.

Am Tag zuvor hatten Globalisierungsgegner in der Stadt gegen den bevorstehenden G 8-Gipfel demonstriert. Auch dabei war es zu Auseinandersetzungen gekommen. Als einige Demonstranten auf eine Polizeisperre in einer Seitenstraße zuliefen, setzten Beamte Schlagstöcke ein. Augenzeugen berichteten von einem harten Vorgehen der Polizei, die nach eigenem Bekunden mehrere hundert Einsatzkräfte aufgeboten hatte. Die Proteste richteten sich seinerzeit auch gegen das Demoverbot in Heiligendamm und die Razzien bei mutmaßlichen G 8-Gegnern.

Vor acht Wochen schlichen sich Unbekannte gar auf das Gelände der Polizeizentrale und zündeten dort einen Streifenwagen an. Bekennerschreiben zu den Brandanschlägen gibt es allerdings in keinem der aufgezählten Fälle. Etwas weit hergeholt erscheint auch der Hinweis der Göttinger Polizei auf eine „Berliner Szenezeitschrift“. Dort sei im Jahr 2006 die Vorgehens- und Verhaltensweise bei Brandanschlägen gegen Nobelkarossen beschrieben worden.

Zwar gingen in der Bundeshauptstadt und auch in Hamburg in den vergangenen Monaten etliche große Autos in Flammen auf, politische Motive sieht die Polizei dort jedoch längst nicht in allen Fällen.

In Göttingen hat inzwischen der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen. REIMAR PAUL