Grollen und Funkeln

INDIEPOP-THEATER Düstere Geschichten und große theatralische Gesten: Der Färöer Budam singt und erzählt mit grollender Stimme und funkelnden Augen Unglaubliches

Losgeschickt, all die unentdeckten Geschichten zu finden, die er nun erzählt

VON ROBERT MATTHIES

All die liebevollen Lügen lieben gelernt hat Búi Dam alias Budam wahrscheinlich schon als Kind von seinen schauspielernden Eltern. Ganz sicher aber kann man sich im Fall des Sängers, Theaterkomponisten und Schauspielers von den Faröern nie sein. Denn die Geschichten, die er mit grollender Stimme, diesen merkwürdig funkelnden Augen und einem unheimlichen Lächeln auf den Lippen erzählt, sind nun mal in jeder Hinsicht immer ein wenig, nun ja, unglaublich.

Jene zum Beispiel, dass er Sänger geworden ist, weil er als Siebenjähriger den 114 Jahre älteren Sänger Grímur getroffen hat – der nicht nur eine Stimme so tief wie der Ozean habe, sondern auch übernatürliche Fähigkeiten. Und dass er beim noch mal 339 Jahre älteren Geschichtenerzähler Guttomur í Múla gelernt habe, dass sich in jeder guten Lüge eine Wahrheit befindet. Dass dieser ihn losgeschickt habe, in den Köpfen und Herzen der Menschen all die unentdeckten Geschichten zu finden, die er nun erzählt.

Letztes Jahr erst hat Budam sein Debütalbum „Stories of Devils, Angels, Lovers and Murderers“ veröffentlicht: nuancierter Indie-Folk-Pop zwischen Blues, Jazzorchester und Kabarettpomp mit vertrackten Rhythmen, mal von hämmerndem, mal von lyrischem Piano untermalt, mal mit ungezähmt-animalisch grollender, mal mit sinnlich-sanfter Stimme gesungen, aber vor allem mit einem feinen Händchen für die düstere Geschichte und die große theatralische Geste – die tatsächlich nonchalant, wie im Song „Clap Hands“, Tom Waits und Jim Morrison zu einer einzigen Person verschmelzen kann.

Nun hat er mit „Man“ seinen zweiten Streich veröffentlicht und lässt neunmal die unendliche Macht der Kreativität gegen die stets dräuende Todesangst antreten, schleicht, taumelt, schleppt und tänzelt sich durch hier düster-atmosphärische, dort scheppernde, hier polternde und dann wieder bedrohlich fiebrige Klangkulissen, um sich schließlich ganz behutsam mit einem Duett über all die Träume zu verabschieden, an die wir uns stets erinnern sollen.

Und danach wird man heute Abend in der Theaterbar „Zentrale“ des Thalia Theaters jede noch so kleine Stecknadel fallen hören. Und schon vom nächsten Budam-Besuch zu träumen anfangen.

■ Do, 17. 11., 22 Uhr, Thalia Theater – Zentrale, Alstertor 1