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Heimspiel 85: La Tierra Se Quedo

Auf den ersten Blick ist es schon ein wenig ungewöhnlich, dass das Filmbüro Bremen aus seinem nicht gerade prall gefüllten Fördertopf einen Dokumentarfilm über drei Vertriebene in Bogota mitfinanziert. In jährlichen Sitzungen entscheiden wechselnde Jurys darüber, welche Projekte unterstützt werden sollten, und da der kubanische Regisseur Juan Sarmiento G. an der HFF Konrad Wolf in Potsdam mit ihm seinen Abschluss machte und dabei auch schon Hilfe durch das Goethe-Institut bekam, landete sein Antrag in Bremen und wurde ausgewählt. Mit 3.000 Euro ist die Fördersumme eher gering, aber Filmfinanzierungen sind immer abenteuerlich und auch solch eine Summe kann entscheidend sein.

In der Dokumentation wird ein Missstand im heutigen Kolumbien offenbart. In 25 Jahren Guerillakrieg im Inneren des Landes wurden über vier Millionen Bauern und ihre Familien von ihrem Land vertrieben. Kinder und Geschwister wurden getötet oder verschleppt, staatliche Hilfe versickert im korrupten System und die meisten dieser Heimatlosen enden in den Slums von Bogota, wo sie sich täglich durchschlagen müssen. Der Film zeigt, wie drei Menschen unter diesen schwierigen Umständen leben. Dazu folgt er Solange, Ruben und Teodoro bei ihren alltäglichen Verrichtungen und lässt sie ihre Geschichten direkt in die Kamera erzählen.

Solange kocht und verkauft Empanadas, als Teigtaschen und verdient damit gerade soviel, dass sie mit ihren zwei Söhnen davon leben kann. Sie hat die Hoffnung auf einen, von der Regierung immer wieder zugesicherten Bauernhof nicht vergessen, vor allem aber sucht sie auch nach vielen Jahren noch ihren ältesten Sohn Duver, der als 15-Jähriger von Rebellen zwangsrekrutiert wurde und seitdem verschwunden ist. Auf einer Demonstration spricht sie darüber vor Fernsehkameras und Tausenden von Menschen.

Teodoro lebt mit Kindern und seiner Frau in zwei kleinen Zimmern am Rand der Stadt. Er verkauft traditionelles Kunsthandwerk. Die Kamera folgt ihm auf einer seiner Reisen zurück in die Dörfer des ursprünglichen Indio-Reservats, wo seine ehemaligen Nachbarn nun Hüte und Taschen für ihn flechten und nähen.

Der 70-jährige Ruben muss regelmäßig zu völlig sinnlosen Kursen gehen, um ein paar Peso staatliche Unterstützung zu bekommen. Er leidet unter dieser würdelosen Behandlung, dabei ist er von Natur aus ein lebensfroher Charmeur, der vor der Kamera eine 80-jährige Frau mit einem improvisierten Lied bezirzt. Aber in einer Nahaufnahme fängt Sarmiento G. auch seinen todtraurigen Blick ein, der mehr über seinen Verlust erzählt als die etwas beliebig eingestreuten Aufnahmen von ländlicher Idylle. Doch dies ist eine von jenen Dokumentationen, bei denen es den Filmmachern vor allem darum geht, ihre Inhalte so unmittelbar und direkt wie möglich zu vermitteln. Stilistische Fingerübungen sollten da nicht erwartet werden, die Kamera ist immer ganz nah am Geschehen.

Der Film wird am Mittwoch um 21 Uhr in dem Bremer Kino Schauburg gezeigt, als Gäste werden der Regisseur Juan Sarmiento G. und der Produzent Tilman Kolb erwartet. HIP