leserpost
:

Hummer und leere Hände

■ betr.: „Eine Pleite gegen den Strom“, taz.bremen v. 6. 2. 2015

Ende Januar erfuhren die KollegInnen von der Insolvenz ihres Betriebes. Jetzt ist es bald März. Ende März wird wohl nach heutigem Stand das Licht ausgehen. Der 100-prozentige Inhaber der Georgsmarienhütte Holding Jürgen Großmann spricht sich von jeglicher sozialen Verantwortung frei. Dividenden in dreistelliger Millionenhöhe hat er sich von 2005 bis 2012 auszahlen lassen. Noch Ende letzten Jahres bekam er von WeserWind circa 18 Millionen überwiesen.

Am Tag der Lohnzahlung wies er seine WeserWind-Geschäftsführung an, die Insolvenz einzuleiten. Eine Geschmacklosigkeit sondergleichen. Kollegen und deren Familien, die seit Juli 2014 in Kurzarbeit mit 60 Prozent ihres Einkommens auskommen mussten, standen gerade im Januar mit leeren Händen da.

Gleichzeitig knallten in Georgsmarienhütte die Korken und der Hummer war serviert, als man von der Insolvenz „Wind“ bekam. Kommentare wie „Das ist das Beste, was euch passieren konnte“, waren zu hören. Vielen Dank und weiterhin guten Hunger! Insbesondere bedanken wir uns bei den Betriebsräten der anderen Tochterunternehmen für die Leichenfledderei.UDO BERGKNECHT, Angestellter bei WeserWind

Verunglimpfung und Aggression

■ betr.: „Vorerst keine Privilegien“, taz.bremen v. 13. 12. 2015

Ihr Bericht scheint nicht nur tendenziös zu sein, sondern er ist schlichtweg falsch recherchiert. Sie beziehen sich auf das Christival 2008 in Bremen. Auf dem „Wüstenstrom e.V.“ ein Seminar zum Thema „Weg aus der Homosexualität“ angeboten haben soll. Es wurde ein Seminar zum Thema „Sexueller Missbrauch an Jungen“ gehalten. Ich selbst habe an dem Seminar teilgenommen. Da es bereits an einem anderen Tag tätliche Übergriffe von Demonstranten gegen das Christival gab, musste das Seminar unter Polizeischutz an einem geheimen Ort stattfinden. (...)

Die Wahrheit – wie auch eine Rubrik auf Ihrer Internet-Plattform heißt – ist, dass durch Ihre Berichterstattung und die Bedrohungen bis hin zu gewalttätigen Übergriffen eine Minderheit und die Institutionen, die ihnen helfen, angefeindet werden. Dabei geht es um Menschen wie mich, die ihre gleichgeschlechtlichen Neigungen konflikthaft empfinden und daher nicht einfach so ausleben wollen und sich in diesem Zusammenhang mit ihrem Mannsein und Identität auseinandersetzen wollen.

Schwule und Lesben – eine Minderheit in Deutschland –, die sich berechtigt für ihr Recht auf Selbstbestimmung einsetzen, versuchen unberechtigt und mit unlauteren Mitteln wie Verunglimpfung und Aggression, einer kleineren Gruppe ihre Auffassung aufzudrücken. (...) Diese Verunglimpfungen sind in die Berichterstattung wie Ihre eingezogen und mit Hilfe der Politik soll diese eine Meinung, dieser einzig mögliche Lebensentwurf, nun auch den Kirchen aufgedrückt werden. Mir scheint es fast so, als ob man von außen Einfluss auf die Theologie und Lehre der Kirchen nehmen möchte.

Kann man nicht die Weite haben, Menschen auch mit Ihrer Auffassung und Meinung stehen zu lassen, die trotz homosexueller Gefühle nicht homosexuell leben wollen? Kann man nicht die Erkenntnis und Meinung anderer Menschen aushalten, die an Ihren Lebens- und Beziehungsfragen, die sich in der Sexualität ausdrücken, arbeiten wollen? Kann man die theologischen Erkenntnisse, die gegen den Mainstream sind, nicht einfach den Kirchen belassen? Damit geht nicht nur unserer pluralistischen Gesellschaft etwas verloren, sondern hier sehe ich einen Angriff auf die freiheitliche Grundordnung unseres Landes, die Sie als TAZ doch so gerne verteidigen.MARTIN WINKELMANN, Hamburg

Es stimmt: Das Seminar „Wege aus der Homosexualität“ ist auf dem Christival nicht von „Wüstenstrom“, sondern vom „Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft“ (DIJG) angeboten worden. Allerdings sind sowohl „Wüstenstrom“ als auch das DIJG führende Vertreter der sogenannten Konversions- beziehungsweise Reparativtherapie, die Homosexualität als „veränderbare Störung“ betrachten. Auch Wüstenstrom bot und bietet entsprechende Beratungen, Seelsorge, Fortbildungen und Seminare an – nur war das in der Tat auf dem Bremer Christival nicht der Fall. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.