ROLLMOPS FÜR 1,39 EURO
: Wir vastehen uns

So dicke haben wir’s nun auch wieder nicht

Es ist halt nun mal so: In Deutschland gibt es eine Auszeichnungspflicht. Was bedeutet, dass jede Ware im Supermarkt mit dem korrekten Abgabepreis „ausgepreist“ werden muss. Es gilt also der Preis, der am Regal steht. Nicht das, was die Kasse beim Scannen des Barcodes ausspuckt. Das ist Gesetz. Und das vorliegende Glas Rollmops ist im Regal mit 1,39 Euro ausgezeichnet. Nicht mit 1,49 Euro, wie die Kasse behauptet.

Das gilt auch für den Netto-Supermarkt an der Urbanstraße. Und das muss nun einfach auch mal die polnische Kassiererin dortselbst begreifen, die gerade versucht hat, diesen Preis zu kassieren. Darum wird sie um 8.40 Uhr von einem aufgebrachten Berliner Rentner zu dem Regal geführt, aus dem er gerade (also nicht gestern und nicht nächste Woche, wo sich die Preise ändern mögen) dieses Glas Rollmops herausgenommen hat. Und zwar in dem Glauben, dass es 1,39 Euro kostet, nicht 1,49 Euro. (Er denkt offenbar, sagt es aber nicht: Sonst könnten die da ja ’n Billigpreis hinschreiben, dann aber was anderes kassieren. Weil sich eh keiner die Quittung ansieht. So dicke haben wir’s nun auch wieder nicht.)

Sie kehren mit einem Schildchen von dem Regal zurück, auf dem tatsächlich 1,39 Euro steht. Der Barcode-Scanner kann das aber nicht lesen. Die Kassiererin ruft über ihr Funkgerät nach Frau Schmid. „Frau Schmid kann jerade nich“, sagt eine Frau, die aus den Hintergründen des Geschäfts zu dieser Szene stößt und wie Marge Simpson aussieht. Sie hat ein Bündel von Pappkarten dabei und hält eine von ihnen unter den Scanner. Lässt die Kassiererin den Bon, den die Kasse ausstößt, unterschreiben. Und alles hat seine Richtigkeit.

„Wir vastehn uns schon“, sagt der besänftigte Rentner. „Ich will nur keinen Ärger mit der Chefin“, sagt die Kassiererin. Auf die Rückgabe des Wechselgelds (0,01 Euro) legt der Mann dann keinen Wert mehr. TILMAN BAUMGÄRTEL