GALlige Reise nach Jerusalem

Hamburgs Grüne wählen ein ganzes Wochenende lang ihre KandidatInnen für die Bürgerschaft. Auf Rang 1steht Spitzenkandidatin Christa Goetsch – und danach beginnt der Kampf um die Plätze

Von Sven-Michael Veit

Nach 20 Stunden soll schon alles vorbei sein. Am Sonntagabend soll die Liste der Hamburger Grünen für die Bürgerschaftswahl am 24. Februar nächsten Jahres feststehen. Wenn am heutigen Sonnabend um 10 Uhr der Parteitag der GAL im Wirtschaftsgymnasium St. Pauli beginnt, steht nur eines fest: Spitzenkandidatin wird erneut Christa Goetsch.

Die Fraktionschefin in der Bürgerschaft ist unumstritten erste Wahl. Vielleicht wird Goetsch dieses Mal, anders als vor vier Jahren, ein paar Enthaltungen oder gar Nein-Stimmen hinnehmen müssen. Aber auch mit einem Ergebnis knapp unter 100 Prozent wird die 55-Jährige gut leben können.

Hinter der GALionsfigur jedoch gilt das Motto: Rette sich, wer kann. Um jeden der nachfolgenden Listenplätze werden Kampfkandidaturen erwartet, gern auch mal im Dreier- oder gar Viererpack. Selbst der Rückzug von Wilfried Maier sorgt da nur für wenig Entlastung. Der 65-jährige promovierte Philosoph, 2004 auf Platz 4 gewählt, tritt nach 14 Jahren als Abgeordneter und Senator nicht erneut an, wie er der taz sagte: „Man sollte aufhören, so lange die Anderen das noch bedauern.“

Anwärter auf Maiers Erbe jedoch gibt es reichlich. Um den zweiten Platz werden sich Fraktionsvize Christian Maaß, der diesen Rang vor vier Jahren innehatte, und Parteivize Jens Kerstan (damals 8) duellieren, um Rang 3 streiten die langjährige Innenexpertin Antje Möller (3) und Gesundheitspolitikerin Katja Husen (15). Und dann wird es turbulent.

Denn wegen des neuen Wahlrechts gelten kaum mehr als die ersten neun Plätze der Landesliste als sicher. Parteiinterne Berechnungen gehen davon aus, dass die GAL in sechs der 17 Hamburger Wahlkreise je ein Direktmandat erringen wird, Optimisten hoffen gar auf zwei bis drei weitere. Nur für die Sitze, die der GAL nach ihrer Stimmenzahl darüber hinaus zustehen, kommen Kandidaten von der Landesliste zum Zuge.

Nach Umfragen dürfte die GAL zwar die 12,3 Prozent von der Wahl 2004 leicht auf etwa 14 Prozent verbessern. Mehr Sitze aber gäbe es nur in einer Bürgerschaft aus drei Fraktionen. Sollte die Linkspartei ins Rathaus kommen, was zurzeit vorhergesagt wird, droht den Grünen sogar bei einem leicht besseren Ergebnis ein Mandatsverlust: 15 Sitze zum Beispiel minus sechs Direktmandate ergäbe nur noch neun weitere Listenplätze.

Die VerliererInnen von Platz 2 und 3 werden sich deshalb umgehend neuer Konkurrenz erwehren müssen. Um die ungeraden Frauenplätze fünf bis 15 kämpfen zusätzlich Verena Lappe (vor vier Jahren schon Rang 5), Nebahat Güclü (13) und Gudrun Köncke (17) mit den Nachwuchshoffnungen Katharina Fegebank und Linda Heitmann.

Noch größer ist das Gerangel bei den Männern ab dem vierten Platz: Die Abgeordneten Jörg Lühmann (10), Claudius Lieven (14) und Manuel Sarrazin (16) wollen gerne wieder in die Bürgerschaft einziehen. Erstmals aber möchten dies auch noch acht weitere grüne Herren.

Aber nach zwei Tagen zu je zehn Stunden soll auch diese GALlige Reise nach Jerusalem zu Ende gegangen sein.