LESERINNENBRIEFE
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Rassismus kleingeredet

■ betr.: „Aktenzeichen NS ungelöst“, taz vom 15. 11. 11

In Deutschland hat man schon immer eine gewisse Neigung gehabt, rechtsradikales Gedankengut zu unterschätzen! Der Rassismus in Deutschland wird immer und immer wieder kleingeredet und die Bundesregierung hat obendrein erst vor einigen Tagen die Programme gegen den Rechtsextremismus finanziell gekürzt. Wenn jetzt Bundeskanzlerin Merkel von einer Schande für Deutschland spricht, so scheint mir ihre Wortwahl eigentlich wie glatter Hohn für die Opfer bzw. Hinterbliebenen rechtsradikaler Gewalt! Selbst in den Medien spricht man respektlos von „Döner-Morden“ und vermeidet, die vorwiegend türkisch- und griechischstämmigen Opfer beim Namen zu nennen. Gebietet es nicht gerade unsere christlich-abendländische Kultur, die wir ja sonst immer bei jeder Gelegenheit so hochhalten, sich toten Menschen mit mehr Respekt zu nähern?!

THOMAS HENSCHKE, Berlin

Das V-Mann-Problem

■ betr.: „Gegen Terror hilft Polemik nicht“, Kommentar von Christian Rath, taz vom 16. 11. 11

gegen polemik pur darf man sein, erst recht gegen den überwachungsstaat. es macht sogar gewissen sinn, gegen die instrumentalisierung der naziterroristen für vorratsdatenspeicherung oder ähnliches anzuschreiben. aber wieso um alles in der welt, bevor die üblichen verdächtigen diese volte überhaupt vollziehen? im moment sind die noch vornehmlich mit betroffensein und fehlereinräumen beschäftigt. allein das lässt ahnen, wie tief die abgründe sind, die sich da auftun …

man hätte an der taz gründlich zu zweifeln, wären nicht die kollegen von herrn rath in der lage sich um das eigentliche problem zu kümmern. das v-mann-problem! unsere zuständigen behörden scheinen in der rechten szene munter drauf los zu rekrutieren und die szene wiederum scheint überaus willig, sich die gegenleistungen und die gefälligkeiten abzuholen. der kompass beim staatsschutz, wann da der spass aufhört, der klemmt wohl des öfteren. gibt es vergleichbare connection in die linksextremistische szene? wenn nicht, warum nicht? sagt das alles was aus über unseren staatsschutz, oder über unsere staatsschützer, zumindest einige von ihnen? dieses feld ist von einer kritischen presse zu beackern und vor allem von der taz!

INGO WITZMANN, Berlin

Weder provokant noch witzig

■ betr.: „verboten“, taz vom 16. 11. 11

Wer glaubte, die „Hochschlafen“-Kolumne über Lafontaine und Wagenknecht sei der maximal-mögliche geistige Tiefpunkt gewesen, der wird nun eines Besseren belehrt. Ich glaube nicht, dass die Bild billiger gegen Migranten polemisiert als ihr gegen Ossis. Das ist in dieser Plattheit weder provokant noch witzig, sondern einfach nur peinlich und traurig, weil ihr mit wenigen Sätzen den Ruf verspielt, den die taz sich mit seriösen, kritischen Recherchen erworben hat. Offenbar funktionieren rechts wie links die Stereotypen gleich. Ein Terroranschlag genügt, und schon brodelt der Stammtisch.

UDO BÜNNAGEL, Berlin

Themen ausgeblendet

■ betr.: „Möchtegern-Mindestlohn mit Hintertürchen“, Kommentar von Ulrich Schulte, taz vom 15. 11. 11

Bei immer mehr prekären Arbeitsverhältnissen ist ein Mindestlohn überfällig. Prekäre Lebenssituationen entstehen aber nicht nur durch zu geringe Löhne, sondern auch durch zu niedrige Honorare und Gagen. Deshalb müsste es in der aktuellen politischen Diskussion heißen: Wir fordern Mindestlöhne, Mindesthonorare und Mindestgagen. Besonders betroffen sind Dozentinnen und Dozenten in Integrationskursen, in der Weiterbildung, im Tourismus und im künstlerischen und musischen Bereich.

Die Künstlersozialkasse ist um eine Bildungs- und Tourismussozialkasse zu erweitern, um endlich den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gerecht zu werden. Im Tourismus muss eine Grenze gefunden werden, damit sittenwidrige Vermittlungsprovisionen für Gästeführerinnen und Gästeführer endlich der Vergangenheit angehören. Alle im Bundestag vertretenen Parteien blenden die Themen Mindesthonorare und Mindestgagen, Bildungs- und Tourismussozialkasse weitgehend aus. Probleme, die rechtzeitig erkannt und gelöst werden, reduzieren in Gegenwart und Zukunft die Sozialkosten. XAVER DENIFFEL, Augsburg

Mainstream-Geschwätz vermeiden

■ betr.: „Streit um 3,80 Euro mehr in der Tasche“, „Jeder Fünfte arbeitet im Niedriglohnsektor“, taz vom 17. 11. 11

taz-Schreiber sollten vermeiden, sich euphemistisches Mainstream-Geschwätz von Politikern zu eigen zu machen und entsprechend zu formulieren, wie im Text über die Senkung des Rentenbeitragssatzes: „wegen der guten Beschäftigungslage“. Die Rücklagen der GRV steigen nicht deshalb, sondern weil derzeit Menschen aus sehr geburtenschwachen Jahrgängen direkt nach dem Zweiten Weltkrieg in Rente gehen.

Im Übrigen: Wie es mit der Beschäftigung steht, ist in derselben Ausgabe zwei Seiten weiter zu lesen: „Jeder Fünfte arbeitet im Niedriglohnsektor“, „… verdient weniger als 8,50 Euro brutto die Stunde.“ Peinlich … DIETER RÖDDER, Nürnberg