Befragte ungerecht zur SPD

Für die Wähler gab sich die SPD ein soziales Image. Doch die verpassen ihr eine Ohrfeige

BERLIN taz ■ Die SPD und die Meinungsumfragen – irgendwie will das in Zeiten der Großen Koalition noch immer nicht so recht hinhauen. Dabei sollte doch der jüngste Linksschwenk der Partei nicht zuletzt die von der Agenda-Politik enttäuschten Anhänger besänftigen, so der Linkspartei den Wind aus den Segeln nehmen und folglich die SPD in der Beliebtheit endlich mal wieder ein wenig näher an die Union rücken.

Längeres Arbeitslosengeld I, der aufopfernde Kampf für den Mindestlohn, die Absage an Raubtierkapitalisten, die es auf die Bahn abgesehen hatten – eigentlich doch alles Vorstöße, die sich „nah an den Menschen“ orientierten, dem neuen Credo des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck.

Und was erhält die SPD als Dank? 30 Prozent, minus vier Punkte in der aktuellen politischen Stimmung. Verlierer des Koalitionshickhacks? Mag sein – wenn aber die Union als Gewinner der wochenlangen Streitigkeiten gesehen würde, müssten CDU/CSU im aktuellen „ZDF-Politbarometer“ wohl wesentlich stärker zulegen als einen mageren Punkt auf 41 Prozent.

Eine andere Erklärung ist schlüssiger: Irgendwie scheint der SPD kaum jemand so recht abnehmen zu wollen, dass sie plötzlich wieder ihre sozialen Wurzeln gießen will. Denn der eigentliche Sieger der Umfrage ist ausgerechnet die Linkspartei. Im gleichen Umfang, wie die SPD abnimmt, steigert sie sich auf stolze 12 Prozent.

Kaum erfreulicher sieht es für die SPD in der berühmten Sonntagsfrage aus. Wäre nächsten Sonntag Bundestagswahl, würde die Partei 30 Prozent einfahren, im Oktober waren es noch 31. Damit liegen sie 10 Punkte hinter der Union, immerhin aber noch 20 Punkte vor der Linkspartei. Kopf hoch, SPD! Das alles sind doch bisher nur Umfragen. Tatsächlich gewählt wird erst 2009. Bleibt also noch ein bisschen Zeit, um die Wählerschaft davon zu überzeugen, dass man es ernst meint mit der sozialen Wärme. VEIT MEDICK