DIE WERBEPAUSE
: Was nicht gut ist

Ein Gleitschirm, ein alter, lächelnder Mann, ein Mensch breitet in der Brandung die Arme aus. Dazu Klaviermusik und eine Stimme aus dem Off: „Woran erkennen wir eigentlich, was gut ist?“ Eine junge, aufgekratzte Frauenstimme. Soll wohl kritisch und reflektiert klingen. Im Bild nimmt ein Vater sein Baby in den Arm.

Selten buhlte ein Unternehmen so sehr um ein neues Image, wie es nun Lidl macht. Dagegen wirken selbst die Opel-Kampagnen, mit denen der Autobauer seit einiger Zeit versucht, sein Schrottwagenimage loszuwerden, subtil. Eineinhalb Minuten dauert der Lidl-Spot in voller Länge. Nur gut vier Sekunden davon ist das Logo des Einzelhändlers zu sehen. Stattdessen hauptsächlich Kinder, junge Menschen, Natur, Geborgenheit, Glück, Freiheit.

Dumm nur, dass man nichts davon mit Lidl verbindet. Nicht als Kunde und schon gar nicht als Mitarbeiter. Irgendwo müsste eine Kampagne doch den Betrachter abholen, auch wenn sie darauf abzielt, ein neues Image zu kreieren. So bleibt sie ein einziges Rätsel, allerdings ein so langweiliges Rätsel, dass einem die Auflösung völlig egal ist. „Hätte Lidl den Spot nicht genommen, hätte die Agentur ihn auch einer Lebens- oder Bausparversicherung, einer Frauenzeitschrift oder einem Einrichtungshaus andienen können“, verpasst der Markenberater Klaus Brandmeyer im Branchendienst Horizont dem zweitgrößten deutschen Discounter einen Satz Ohrfeigen.

„Was gut ist, erkennen wir daran, dass es gut für uns ist, weil alles einfach mal so ist, wie es sein soll – oder sogar noch besser.“ Ergo: dieser Spot nicht. Früher warb Lidl mit „Lidl ist billig“. War auch ein dummer Slogan, aber zumindest nah dran an einer Wahrheit, die Lidl manchmal zu erfüllen wusste und weiß. JÜK